"Streaming ist längst ein Massen-Phänomen"
Der erste weltweite Release bei Prime Video der nun startenden neuen TV-Saison ist "Tom Clancy’s Jack Ryan" am 31. August. Deutschland-Chef Christoph Schneider spricht über neue Serien, den deutschsprachigen Markt, lineares Fernsehen und ältere Konsumenten.
KURIER: Nach Alec Baldwin oder Harrison Ford ist John Krasinski der CIA-Agent Jack Ryan. Was hebt diese Serie von anderen ab.
Christoph Schneider: Tom Clancys Romane spielten vor dem Hintergrund des Kalten Krieges, man kann die Bücher des Autors heute nicht mehr einfach so adaptieren. Wir zeigen in "Tom Clancy’s Jack Ryan" die Anfänge von Jack Ryan – aber im 21. Jahrhundert. Als junger CIA-Analyst beschäftigt sich Jack mit dem beherrschenden Sicherheitsrisiko unserer Zeit, dem internationalen Terrorismus. Plötzlich wird er aus seiner Tätigkeit hinter den Kulissen ins Rampenlicht gezogen: Herausgekommen ist im besten Sinne des Wortes ein Action-Film als Serie, ein achtteiliger Hollywood-Blockbuster. Die Zuschauer dürfen sich auf großformatige Actionszenen und internationale Abenteuer freuen. Das Beste ist: Staffel 2 ist bereits bestätigt und wird gerade rund um den Globus gedreht.
Welche Genres sind die prägenden in den kommenden Monaten?
In den kommenden Monaten freuen wir uns bei Prime Video auf eine Vielfalt von Genres: Da wären High-End-Drama und Thriller mit "Deutschland86" und "BEAT", zwei spannende deutsche Prime Originals. Wir zeigen neue Folgen der Horrorserie "Lore" – diesmal u. a. mit Jürgen Prochnow und Thomas Kretschmann – und die dritte Staffel der fantastischen Serie "The Man in the High Castle". Ganz besonders gespannt sind wir auf Julia Roberts‘ erste Serie, "Homecoming", und lustig wird’s in der zweiten Staffel unser Golden Globe-prämierten Serie "The Marvelous Mrs. Maisel".
Ein mit großer Spannung erwartetes Serien-Projekt ist "Herr der Ringe". 500 Millionen Dollar wurden, so heißt es in US-Branchenmedien, für Rechte und Produktion veranschlagt. Welche Erwartungen knüpft Prime Video daran?
Wir haben nie den Umfang dieses Deals bestätigt. Alle Summen, die diskutiert werden sind Gerüchte und Spekulationen. Aber ich kann Ihnen sagen, dass wir uns unglaublich auf dieses Projekt freuen. Wir haben vor kurzem das Entwicklungsteam für die Serie verkündet: JD Payne und Patrick McKay werden die Bücher schreiben. Darüber hinaus ist es noch sehr früh, zu früh um mehr zum Thema sagen zu können.
Prime Video legt in der kommenden Saison auch bei den deutschsprachigen Serien nach: Den Auftakt macht "Deutschland86“ mit Jonas Nay als DDR-Agent (Start: 19. 10.). Amazon setzt damit „Deutschland83“ fort, womit RTL just in Deutschland beim Publikums gescheitert ist, von der Kritik gefeiert wurde und was sich international verkauft hat. Warum dieses Wagnis? Ist das ein Beispiel dafür, dass ein Streaming-Dienst anders funktioniert als ein linearer TV-Sender?
"Deutschland83" ist nicht gescheitert. Die Auftaktfolge haben über drei Millionen Zuschauer im deutschen Fernsehen gesehen, einige TV-Sender würden sich nach diesen Zuschauerzahlen die Finger lecken. Die weiteren Episoden konnten die Zuschauer nicht halten und da kommen wir als Deutschlands beliebtester Video-Streaming-Service ins Spiel: Wir glauben, dass eine High-End-Drama-Serie wie "Deutschland86" perfekt zu Prime Video passt, wo die Zuschauer ab 19. Oktober alle zehn neuen Folgen wo, wann und wie sie wollen anschauen können, dazu werbefrei und in HD.
Eisbrecher für deutschsprachige Serien bei Amazon sollte "You Are Wanted" sein – prominent besetzt vom Macher, Matthias Schweighöfer, bis hin zum Cast. Hat diese Serie Ihre Erwartungen am lokalen Markt erfüllt und wie hat sie sich international geschlagen?
"You Are Wanted" hat unsere Erwartungen mehr als erfüllt: Unsere erste deutschsprachige Serie ist die erfolgreichste Serie aller Zeiten bei Prime Video in Deutschland. Dazu haben viele Zuschauer weltweit Lukas Franke, alias Matthias Schweighöfer, die Daumen gedrückt. Die zweite Staffel feierte ihre Premiere als erste deutsche Serienproduktion in den USA. Die Serie war zudem unser Auftakt, noch größer in die Produktion deutscher Serien einzusteigen. Ohne den Erfolg von "You Are Wanted" hätten wir nicht "Pastewka" zurückbringen, "Deutschland 86“ fortsetzen oder "BEAT" realisieren können. Wir sehen auch, dass "You Are Wanted" der Auftakt für andere Anbieter war, in deutschsprachige Serien zu investieren. Die Serie ist ein Pionier auf allen Gebieten und dafür sind wir Matthias Schweighöfer und unseren Produktionspartnern bei Pantaflix und Warner sehr dankbar.
In der Postproduktionsphase befindet sich "BEAT", eine Serie, die in der Techno-Szene in Berlin spielt mit u. a. Jannis Niewöhner und Karoline Herfurth. Das klingt doch recht spitz, was die Zielgruppe betrifft. Ist dem so - wie "nischig" darf ein Serienstoff sein? Und wie geht es mit deutschsprachigen Serien weiter?
"BEAT" ist ein atemberaubendes Abenteuer in Berlins Clubszene mit einigen der besten deutschsprachigen Darsteller und bereits das fünfte deutsche Prime Original. Mich begeistert dabei alles: Die spannende Story über organisierte Kriminalität , die tiefgründigen und vielfältigen Charaktere, die vom einzigartigen Schauspiel-Ensemble perfekt dargestellt werden und auch das Umfeld in der Clubszene Berlins. Ohne Vergleiche anzustellen, finde ich die Serie eben so wenig nischig wie "Mad Men" oder "Breaking Bad", die ja auch auf dem Hintergrund eines ganz bestimmtes Milieus spielen.
Der deutschsprachige Raum, ein 100 Millionen Menschen umfassender TV- Seher-Markt, gilt als schwierig für alles, was nicht frei empfangbar ist. Gilt diese Einschätzung immer noch? Und: Amazon ist zunächst ein Subscription-Modell, wie entwickelt sich hier die Bereitschaft von Nutzern, extra für Kauf oder Leihe exklusiver Inhalte zu bezahlen?
ist längst ein Massen-Phänomen. Immer mehr Zuschauer schätzen die Vorteile, die ihnen Video-Streaming bietet. Sie können ihre Lieblingsserien und –filme wann und wie sie wollen ansehen, auch so viel hintereinander, wie sie möchten. Bestimmte Inhalte wie High-End-Drama-Serien bieten die frei empfangbaren Sender ihrem Publikum nicht mehr, es gibt aber ein großes Publikum dafür. Der Zuschauer möchte sich nicht mehr zum Sklaven eines Sendeplans machen oder Werbung ansehen. Wenn wir Deutschland betrachten, sehen wir, dass mehrere unabhängige Umfragen Prime als beliebtesten Video-Streaming-Service bestätigen. Prime-Mitglieder bekommen quasi das komplette Angebot. Sie erhalten eine große Auswahl an exklusiven Serien und Filmen über ihre Mitgliedschaft. Inhalte, die nicht Teil der Prime-Mitgliedschaft sind, können sie auf Wunsch ausleihen oder kaufen – alles in einer App. Darüber hinaus bieten wir unseren Prime-Mitgliedern eine Auswahl von über 50 Prime Video Channels an, die sie individuell auf Monatsebene buchen und kündigen können. So kann der Zuschauer sein individuelles Angebot z.B. um Bundesliga-Fußball im Eurosport Player, noch mehr Serien und Filme bei Starzplayer oder ausgewählte Film-Highlights bei Filmtastic erweitern.
Streamen bedeutet auch, dass man sich als Konsument mit den Angeboten und Inhalten auseinandersetzt. Manchmal hat man aber keine Lust, genau das zu tun. Gibt es Überlegungen, z.B. von Amazon bespieltes lineares Fernsehen ins Amazon-Angebot aufzunehmen?
Die verschiedenen Kategorien in der Prime Video-App unterstützen ja durchaus bei der Auswahl, indem Neuheiten hervorgehoben werden oder Empfehlungen auf der Basis des bisher Gesehenen gemacht werden. Das macht die Auswahl schon leichter. Darüber hinaus haben wir ein entspanntes Verhältnis zu den linearen Anbietern. Wir sind in einigen Fällen sogar Geschäftspartner und lizensieren deren Inhalte oder arbeiten mit Produktionsfirmen zusammen, die zu den Sendern gehören.
Wie wichtig sind für die weitere Stoff-Auswahl das aktuelle Nutzer-Verhalten und wie helfen Algorithmen dabei?
Das Feedback unserer Kunden hat bei Amazon schon vom ersten Tag einen hohen Stellenwert. Zuschauer können bei Prime Video alle verfügbaren Inhalte bewerten und Nutzerrezensionen einstellen. Wenn wir neue Inhalte in Auftrag geben, hat das Kundenfeedback einen hohen Stellenwert, sei es über die Bewertung vorhergehender Staffeln oder Vorführungen vor Testpublikum. Wir nutzen vielerlei Daten, die uns bei Entscheidungen unterstützen. Am Ende ist es aber nicht der Algorithmus, der das Programm macht, sondern die Kreativen vor und hinter der Kamera. Das hat sich in über 100 Jahren Filmgeschichte nicht geändert.
Streamen ist hipp. Aber ein Großteil potenzieller Konsumenten ist aus der Babyboomer-Generation oder älter. Wie geht man bei Amazon damit um und das auch in Hinblick auf Technik und Bedienbarkeit?
Wir erleben einen Diffusionsprozess in allen Altersgruppen: Vor drei Jahren war Video on Demand noch ein Randphänomen, das vor allem ein jüngeres Publikum angesprochen hat. Mittlerweile wird das Publikum breiter und auch älter. Die technischen Geräte werden immer einfacher und stellen keine Hürde mehr da. Nicht nur das Smartphone hat sich auch in der Generation 50+ längst etabliert.
Unsere Zielgruppe umfasst jeden, der bequem und unkompliziert Filme und Serien sehen möchte. Dabei steht die einfache Bedienbarkeit an oberster Stelle. Wir optimieren da ständig, aber ich finde, wir sind schon ganz weit vorn: Ob Serie, Film, Dokumentation, Sport – Prime Video bietet ein umfassendes Seherlebnis, alles in einer App mit einem Passwort, in bester Qualität von HD bis 4K Ultra HD und High Dynamic Range (HDR). Prime-Mitglieder bekommen auf Wunsch mit einem Klick oder einer Berührung Hintergrundinformationen zum aktuellen Inhalt per X-Ray-Access von IMDb und können die Mehrzahl aller Inhalte bei Prime Video einfach downloaden und unterwegs offline ansehen.
Danke für das Interview.
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