Von: Markus Spiegel
Er hätte ein honoriges, angenehmes Leben führen können, der „Hofcompositeur“ Antonio Salieri unter der Regentschaft Josefs II. Wäre da nicht der Rotzbengel Wolfgang Amadeus Mozart, ungestüm, vulgär, frech und vorlaut, als Komponist genial.
Den britischen Dramatiker Peter Shaffer interessierte die Diskrepanz zwischen Infantilität und Genius der Person Mozarts. Es entstand 1976 das Stück „Amadeus“, das eigentlich „Salieri“ heißen müsste. Acht Oscars erhielt die Verfilmung von Miloš Forman mit Murray Abraham in der Hauptrolle und Tom Hulce in der Titelrolle.
Rokoko, entstaubt
Anlässlich der Mozartwoche 2024 inszenierte Andreas Gergen klug „Amadeus“ am Salzburger Landestheater. Er entstaubte das Rokoko, Raum und Zeit sind nebensächlich. Er reduzierte den Plot auf das Wesentliche: die Schwächen der Menschen, besonders die unstillbare Gier nach Erfolg und Anerkennung.
Eine Vorderbühne und 60 Sitzplätze auf der Bühne bilden faktisch ein Rondeau. Damit will Gergen sein Publikum direkt emotionalisieren, nicht als Betrachter, sondern als Mitfühlende, denn letztlich sind alle betroffen.
Auf der Bühne hängen Requisiten, die im Bedarfsfall heruntergelassen werden. Nichts soll das Spiel stören. Mozarts Musik wird kaum gespielt. Man hört sie in sphärischen Fragmenten von Georg Wiesinger. Salieri wird von Sona MacDonald gespielt, die mit ihrer atemberaubenden Schauspielkunst eine elegante Bühnenfigur entwickelt, die nicht durch das Geschlecht punziert wird.
Da die Kammerschauspielerin auch eine ausgezeichnete Sängerin ist, bedient ihre Sprachmelodik alle Nuancen des Textes und erzielt hohe Glaubwürdigkeit. Die Entdeckung des Abends heißt Aaron Röll, ein junger Schauspieler aus dem Reinhardt Seminar in Wien, der Mozart verkörpert. Seine präzise Agilität und spontane Stimmungswechsel sind verblüffend. Dem gesamten Ensemble und dem Leading Team galt der große anhaltende Jubel.
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