Alma Seidler-Ring an Regina Fritsch überreicht
Die Burgschauspielerin Regina Fritsch wurde gestern, Freitag, im Anschluss an eine Festaufführung von Raimunds "Der Alpenkönig und der Menschenfeind" im Burgtheater, in der Fritsch als Rappelkopfs Frau Sophie auf der Bühne stand, mit dem Titel Kammerschauspielerin sowie mit dem Alma Seidler-Ring ausgezeichnet. Die Laudatio hielt ihre Kollegin und Freundin Stefanie Dvorak.
Für Fritsch gebe es "keine großen und kleinen Rollen. Wenn sie besetzt ist, setzt sie sich ein und arbeitet immer zum Besten einer Inszenierung, zum Besten des Hauses", so Bergmann. "Ihr großes Repertoire, ihre gespielten Rollen, egal ob Klassiker oder neue Dramatik, wären ein Grund, sie für den Mythos Burgtheater beispielhaft zu nennen. Regina Fritsch hat sich stets sehr für das Haus interessiert, seit sie von der Schauspielschule Krauss direkt ans Burgtheater engagiert wurde, wollte sie intensiv über die Vergangenheit informiert werden. Sie hat zwar die große Alma Seidler nicht mehr erlebt, aber sie hat immer über sie nachgeforscht, über eine Ausnahme-Schauspielerin, die fast 60 Jahre an der Burg 'lebte' und von zwei anderen Großen des Hauses, der Wessely und Käthe Gold, bewundernd als einzigartig beschrieben wurde", sagte Bergmann, die daran erinnerte, dass auch die erste Trägerin des 1978 gestifteten Alma Seidler-Ringes, Paula Wessely, "immer sehr an der Entwicklung von Regina Fritsch interessiert" gewesen sei. Die im November 2014 verstorbene Doyenne des Burgtheaters, Annemarie Düringer, hatte nun testamentarisch Regina Fritsch als die ihr nachfolgende Ringträgerin bestimmt.
70 verschiedene Rollen
Regina Fritsch wurde 1964 in Hollabrunn, Niederösterreich, geboren. Nach ihrer Ausbildung an der Schauspielschule Krauss in Wien wurde sie 1985 von Direktor Achim Benning ans Burgtheater engagiert, dem sie seither angehört. Sie spielte hier bisher rund siebzig verschiedene Rollen, darunter die Sonja in "Onkel Wanja" von Anton Tschechow, die Salome Pockerl in Johann Nestroys "Der Talisman", die Genia in Arthur Schnitzlers "Das weite Land", die Solveig in Ibsens "Peer Gynt" oder die Valerie in "Geschichten aus dem Wiener Wald" von Ödön von Horvath.
2007 erhielt sie den Nestroy-Theaterpreis für die Beste Nebenrolle, 2008 den Nestroy-Theaterpreis als Beste Schauspielerin. Darüber hinaus erhielt Regina Fritsch den Fernando-Rey-Preis als Beste europäische Darstellerin im Film "Schlafes Bruder" beim Filmfestival San Sebastian sowie den Preis als Beste Schauspielerin in "God Save America" beim Theaterfestival Sterijino Pozorje in Novi Sad. Im Jahr 2009 wurde sie mit dem Wiener Schauspielerring ausgezeichnet. Am 7. Februar hat ihre nächste Produktion, "Das Konzert" von Hermann Bahr, im Akademietheater Premiere.
Die knapp drei Jahrzehnte am Burgtheater sieht man ihr nicht an. Klein und zierlich ist sie, ihr kehliges Lachen wirkt mädchenhaft.
Regina Frisch, 50, wird Trägerin des Alma-Seidler-Ringes und damit laut Definition zur "würdigsten Bühnenkünstlerin des deutschsprachigen Theaters" auf Lebenszeit ernannt. Sie folgt der im November verstorbenen Burg-Doyenne Annemarie Düringer, die ihr den Ring hinterlassen hat.
Doyenne
Viele Jahre hat Fritsch mit der Burgtheater-Doyenne eine Garderobe geteilt. Im Kleiderkasten, auf dem ein Schild mit beider Namen klebt, hängen noch ihre Kostüme.
Zeit für Nostalgie? 1985 ist Fritsch ans Burgtheater gekommen, sie arbeitete unter anderen mit Claus Peymann, Achim Benning, Sven-Eric Bechtolf, Thomas Langhoff und Michael Thalheimer. Zwei Mal wurde sie mit dem Nestroy ausgezeichnet und ist aktuelle Trägerin des Wiener Schauspielerrings.
Und wenn ich an die Kollegen denke: Karl-Heinz-Hackl, Robert Meyer, Erika Pluhar, Gusti Wolf, Kitty Speiser, Kurt Sowinetz, Heinrich Schweiger, Michael Heltau – damals war das Burgtheater noch so im Saft, da war so viel möglich! Und wir haben viel gelacht. Damals sind echte Freundschaften entstanden. Auch jetzt ist es noch schön, aber die Zeiten haben sich verändert."
Versagensängste
Dass das Burgtheater schwierige Monate hinter sich hat, das hat Fritsch auch als Ensemblevertreterin gespürt. "Die letzten Monate waren nervenzerfetzend."
Schlechte Kritiken verletzen sie allerdings immer noch – "die guten vergisst man ja leider."
Ob einem eine Auszeichnung wie der Alma-Seidler-Ring ein Gefühl von angekommen sein verleiht? "Nein, nie ist ein Punkt gekommen, wo ich mich als arrivierte Schauspielerin gefühlt hab, auch mit Auszeichnung nicht – das macht es noch schlimmer, der Druck hört nicht auf. Es ist ja kein Beruf, auch keine Berufung, sondern ein ständiger Prozess."
Deutschlehrer
Dennoch: Das Theater war nicht die erste Wahl, es gab Hunderte andere Wünsche dazwischen.
Tischlerin wäre sie gerne geworden, hat auch an der Angewandten studiert, bevor sie, beim Durchblättern des Telefonbuchs, die Schauspielschule Krauss entdeckte. Vorsprechen im Reinhardt-Seminar hat sie sich nicht getraut – heute unterrichtet sie dort.
Und zwischendurch hat Fritsch als Lkw-Fahrerin in der Baufirma ihres Vaters gearbeitet. "Ich wollte per Lkw die Welt erkunden."
Nach wie vor hat sie der Schauspielerei gegenüber eine gewisse Skepsis. "Ich falle und sterbe nicht mit der Schauspielerei, mir würden viele andere Sachen einfallen ... man hat doch nur ein Leben."
Kündigung
Zwei Mal hat sie tatsächlich gekündigt. "Aber das Theater hat mich immer wieder geholt. Peymann sagte: "Kündigung? Das kommt überhaupt nicht infrage!"
Selbst erlebte schwierige Zeiten waren es auch, die sie die Ambitionen ihrer älteren Tochter Alina zunächst skeptisch beobachten ließ. "Die Tiefen des Berufs, den man so gut kennt, möchte man seinem Kind ersparen. Aber ich finde es toll, wie ehrgeizig und selbstbewusst sie ist, viel mehr als ich in dem Alter."Damals, erinnert sich Regina Fritsch, habe sie viele Wünsche gehabt. "Aber ich hab mir das abgewöhnt, vielleicht auch, weil das, was man sich wünscht, nicht immer das Beste für einen ist."
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