Alma Mahler-Werfel "musste ihre Seele aufgeben“: Uraufführung an der Volksoper

Alma Mahler-Werfel "musste ihre Seele aufgeben“: Uraufführung an der Volksoper
Ab Samstag zeigt die Volksoper mit "Alma" eine Porträt-Oper über Alma Mahler-Werfel. Komponistin Ella Milch-Sheriff über Musik, Männer und Antisemitismus.

In unserer Familie, sagte Gustav Mahler, wird es nur einen Komponisten geben. Und zwar, klar, ihn.

Alma Mahler-Werfel (1879-1964), die Über-Muse des Jahrhundertwende-Wien, willigte – gegen den Rat ihrer Mutter – ein: Mit 22 Jahren gibt sie ihre eigene Kompositionstätigkeit auf, bekommt Kinder – und wird zu einer „bitteren, hässlichen alten Frau“.

Alma Mahler-Werfel "musste ihre Seele aufgeben“: Uraufführung an der Volksoper

Sich selbst verloren

Dieser Wendepunkt in Alma Mahlers Leben und wie das jähe Ende ihrer eigenen Karriere die Beziehung zu ihren Kindern prägte, steht im Zentrum der Oper „Alma“ der Komponistin Ella Milch-Sheriff, die am Samstag an der Volksoper zur Uraufführung kommt: Sie erzählt „die Tragödie einer Frau, die sich selbst verloren hat“, sagt Milch-Sheriff im KURIER-Gespräch. Am Pult steht Omer Meir Wellber, Regie führt Ruth Brauer-Kvam, Annette Dasch singt die Alma.

Obwohl über diese legendäre Femme fatale des Fin de Siècle – sie war mit Mahler, Oskar Kokoschka, Walter Gropius und Franz Werfel liiert – schon so viel geschrieben wurde, sei „noch nie das ganze Bild gezeigt worden“, sagt sie. „Diese Biografien wurden zum Großteil von Männern geschrieben.“

Mahler-Werfel „war hochbegabt“: Ihre musikalische Tätigkeit endete mit 22 Jahren. „Bach hat seine größten Werke mit Mitte 40 geschrieben. Auch Brahms. Es gibt viele solche Beispiele. Wer weiß, ob Mahler-Werfel eine so große Komponistin geworden wäre. Aber sie musste zuvor ihre Seele aufgeben.“ Die Oper (nach einem Libretto von Ido Ricklin) erzählt das über fiktive Begegnungen Mahler-Werfels mit ihren Kindern, auch jenem ungeborenen, das Alma abtrieb, weil dessen Vater Oskar Kokoschka ihr gegenüber „obsessiv war“. Und am Schluss auch begegnen wir Alma selbst als Kind.

Von ihren vier Kindern hat nur eines, Anna, überlebt. Hat sie den Kindern – bewusst oder unbewusst – die Schuld gegeben, dass sie nicht mehr Musik machen durfte?

Hitler-Verehrung

„Ja und nein. Ich bin sicher, sie hat Maria und Anna geliebt. Und Manon über alles. Zu Anna, der Tochter, die überlebte, hatte sie eine komplizierte Beziehung. Sie haderte, warum nicht Gropius’ Tochter Manon, diese ,arische Schönheit’, wie sie gesagt hat, überlebt hat, sondern Anna, die Tochter eines Juden. Diesen Antisemitismus thematisiert die Oper auch“, erklärt die aus Israel stammende Komponistin. War Mahler-Werfel antisemitischer als das damalige Wien im Ganzen? „Nein, wohl nicht. Aber sie war auch noch antisemitisch, als sie schon in Werfel verliebt war. Die beiden haben Hitler verehrt, das dokumentieren Briefe. Aber sie hat dann auch verstanden, dass hier eine echte Gefahr entstand, und Werfel zur Emigration gedrängt.“

Alma Mahler-Werfel "musste ihre Seele aufgeben“: Uraufführung an der Volksoper

Wäre das Leben Mahler-Werfels heute anders verlaufen, sind die Männer der Klassikbranche heute offener gegenüber Komponistinnen oder wird das immer noch als Konkurrenz gesehen?

Beides, sagt Milch-Sheriff. Der zweite Mann der damaligen Sängerin, so schildert sie, war ein auch international bekannter Komponist und Dirigent, Noam Sheriff, und „20 Jahre älter als ich. Er hat von mir nie verlangt, mit Musik aufzuhören. Aber für mich war es schwer“, sagt Milch-Sheriff.

„Ich war wie paralysiert. Ich habe von mir verlangt, so gut zu sein wie er, aber das konnte ich noch nicht. Es hat viele Jahre gedauert, bis ich angefangen habe, zu komponieren.“

Nein sagt Milch-Sheriff dann, heute hätte Mahler-Werfel „nicht aufgegeben“. Mit ihrer Oper will sie eines erreichen: dass man Alma Mahler besser versteht und „ihr eine Chance gibt“.

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