Bereits 1979 hob Ridley Scott das Weltraummonster „Alien“ aus der Bluttaufe: Dank der visionären Alien-Designs des Schweizer Künstlers H. R. Giger und mit Sigourney Weaver als erster weiblicher Science-Fiction-Horror-Heldin in der Hauptrolle, legte er den Grundstein zu einem der erfolgreichsten Sci-Fi-Horror-Franchises des modernen Hollywood-Kinos. Es folgten fünf weitere Teile, darunter James Camerons berühmte Fortsetzung „Aliens – Die Rückkehr“, gefolgt von David Finchers „Alien 3“.
Neue Generation
Fede Álvarez siedelt die Handlung von „Alien: Romulus“ zwischen Ridley Scotts Original und der Fortsetzung von James Cameron an und nimmt dabei eine neue, junge Publikumsgeneration in den Blick: Im Mittelpunkt steht Rain Carradine (gespielt von Sofia Coppolas „Priscilla“ Cailee Spaeny), eine junge Waise Anfang zwanzig, und ihr ständiger Begleiter, ein Androide namens Andy. Rain und ihre Clique sind dazu verdammt, auf einer extraterrestrischen Minen-Kolonie zu schuften, wo exakt null Stunden im Jahr die Sonne scheint. Als die Gruppe beschließt, eine im Orbit kreisende, ausgemusterte Raumstation namens Romulus zu entern, um dort Treibstoff für ihre Flucht auf einen anderen Planeten zu ergattern, schließt sich Rain mit Andy an. Auf den ersten Blick scheint die Raumstation leer, doch der Überfall grauslicher Monster lässt nicht lange auf sich warten.
„Ich war schon immer ein ,Alien‘-Fan“, lacht Fede Álvarez im KURIER-Gespräch: „Insofern ist mein Film kein Fan-Service, sondern Self-Service. Ich habe alles hineingepackt, was ich selbst gerne im Kino sehen würde.“
Wenn Álvarez etwas nicht leiden kann, dann sind es nostalgietriefende Fortschreibungen von einst erfolgreichen Filmreihen, die sich an Auskenner richten: „Ein Film muss auch für Menschen funktionieren, die nicht die Originale aus den 80er-Jahren gesehen haben. Er muss eine neue Generation ansprechen.“
Tatsächlich aber ist in seinem „Alien: Romulus“ für alle etwas dabei – sowohl für die Fans der ersten Stunde als auch für komplette Neueinsteiger. Álvarez gelang eine mitreißende Mischung aus Hommage an die Originalfilme und einem eigenständigen, atmosphärisch finsteren Schocker: „Ich habe die besten Momente von den Horror-Meistern Ridley Scott, James Cameron und David Fincher in meinen Film hineingepackt“, so der 46-jährige Regisseur unverblümt: „Und dann noch einen Haufen Ideen von mir selbst dazu gemischt. Ich garantiere ein einzigartiges Kinoerlebnis.“
Ganz aus der Hand gegeben hat Ridley Scott übrigens die „Alien“-Reihe nicht; sein Name steht prominent auf der Produzentenliste.
Sie hätten höchst inspirierende Gespräche darüber geführt, wie der Film aussehen sollte, schwärmt Álvarez: „Ihn kennenzulernen, mit ihm arbeiten zu dürfen, war das Privileg meines Lebens, jedes Treffen mit ihm war wie eine Masterclass. Ich habe unglaublich viel gelernt.“
Riesige Vagina
Allerdings gab es auch Auseinandersetzungen, räumt der Regisseur ein: „Ridley Scott hatte eine sehr genaue Vorstellung davon, wie der Film aussehen sollte. Und ich auch. Wir mussten uns in der Mitte treffen. Aber wenn zwei kreative Meinungen aufeinanderprallen und sich dann auf etwas einigen, entstehen die besten Filme.“
Auch James Cameron gab seinen Senf dazu und beriet Álvarez vor allem bei technologischen Details: „Dafür bin ich ihm sehr dankbar.“
Zu den widerlichsten Momenten in „Alien: Romulus“ zählen jene Szenen, in denen die sogenannten Alien-Facehugger ihre knochenartigen Finger über das Gesicht ihrer Menschenopfer legen und ihre Zungen in deren Münder stecken, um ihre Eier im Körper zu platzieren: „Ja, das ist wahrer Horror“, freut sich Fede Álvarez: „Wir zeigen etwas, das die anderen Filme nicht gezeigt haben. Es ist keineswegs neu, dass die Facehugger so etwas tun, aber wir machen es für die neue Kino-Generation explizit. Überhaupt sind wir immer wieder zu den Original-Designs von Giger zurückgekehrt. Er wollte beispielsweise auch, dass das Alien-Ei wie eine riesige Vagina aussieht. Damals hat das Studio aufgejault. Das war 1979 nicht möglich, heute schon. Ob das Publikum dafür bereit ist, wird sich zeigen. Aber ich glaube, H. R. Giger wäre stolz auf uns.“
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