Alexander Payne: "Ich hasse Roadmovies"
Und wieder hat Regisseur Alexander Payne große Chancen auf Oscar(s). Seine Tragikomödie „The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten“ (ab Freitag im Kino) wurde fünf Mal nominiert, darunter für die Kategorie Bester Film. Auch sein Hauptdarsteller George Clooney kann sich freuen: Für seine Rolle als betrogener Ehemann, dessen Ehefrau ins Koma fällt und der sich mit den Töchtern arrangieren muss, wurde er als Bester Schauspieler nominiert.
Für Payne wäre es nicht der erste Oscar. Der 1961 in Omaha, Nebraska, geborene Regisseur mit griechischen Wurzeln erhielt die begehrte Trophäe bereits für das Drehbuch der Tragikomödie „Sideways“ (2004). Er selbst führte auch Regie und erhielt dafür eine Oscar-Nominierung. Sein Meisterwerk „About Schmidt“ (2002) konnte ebenfalls Oscar-Nominierungen einheimsen – etwa für Jack Nicholson in der Hauptrolle.
Nach "Sideways" wurde es aber still um Alexander Payne. Erst mit „The Descendants“ meldete er sich nach sieben Jahren zurück – mit umso größerem Erfolg.
Ein KURIER-Gespräch mit Alexander Payne über George Clooney, Hollywood und die Angst, einen sentimentalen Film zu drehen.
KURIER: Mr. Payne, George Clooney spielt bei Ihnen eine eher untypische, weil tragikomische Rolle. Wie sind gerade Sie auf ihn gekommen?
Alexander Payne: Als Filmregisseur ist man immer davon abhängig, wer gerade in den sechs Monaten, in denen man castet, der größte Star ist. Und glücklicherweise ist George Clooney einer der wenigen US-Stars, die ich wirklich mag. Weil er nämlich altmodisch ist – und bei Weitem vielseitiger, als die meisten Leute glauben.
Inwiefern altmodisch?
Naja, weil er oft mit Clark Gable und Cary Grant verglichen wird. Und ich kann ihn mir sehr gut in Hitchcocks „Fenster zum Hof“ oder in Hawks’ „Leoparden küsst man nicht“ vorstellen. Aber ich vergleiche ihn immer mit Marcello Mastroianni. In „The Descendants“ spielt er eine Rolle, die Mastroianni hätte spielen können.
Was hat Ihnen eigentlich an der Buchvorlage zu „The Descendants“ so gefallen?
Die Mischung aus Albtraum, Horror und Komik. Jeder hat schon mal einen Film über einen Workaholic-Vater oder über eine betrogene Ehefrau gesehen. Aber diese Mischung, die kenn’ ich so nicht, und schon gar nicht auf Hawaii. Ich habe Hawaii überhaupt noch nie in einem Film gesehen.
Es geht auch um die Suche nach den eigenen Wurzeln. War Ihnen das wichtig?
Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Für mich war es in erster Linie die Verzweiflung, endlich wieder einen Film drehen zu können. Da kam mir der Stoff gerade richtig. Viele Leute fragen mich: „Hat Sie das Thema Familie interessiert? Die Beziehung zwischen Vater und Töchter?“ Nein, hat es nicht. Natürlich ist das alles wichtig, aber mir war es nicht am wichtigsten.
Sondern?
Die Wahrheitssuche. Seine Frau stirbt, und der Mann will die Wahrheit wissen.
Die untreue Ehefrau liegt komatös im Bett und kann sich nicht mehr verteidigen ...
Mir gefiel das. Die Frau liegt nur da und sagt nichts. Freunde von mir meinten, sie hätten die Frau zuerst gemocht, dann gehasst, dann bedauert und zuletzt geliebt. Das fand ich interessant.
Interessant ist auch, dass fast alle Ihre Filme Roadmovies sind. Was mögen Sie so an Roadmovies?
Keine Ahnung, denn ich hasse Roadmovies, und ich hasse es, in Autos zu drehen. Aber aus einem Grund, den ich nicht kenne, mache ich immer Roadmovies.
Es gibt einen sehr bewegenden Moment, in dem Clooney weint. Das zeigen Sie aber ganz aus der Ferne. Warum?
Es gefiel mir besser so. Außerdem: Ich bin Komödien-Regisseur. Natürlich ist der Film auch dramatisch. Aber ich hatte totale Angst davor, einen sentimentalen Hollywood-Film zu drehen. Wer will das schon?
Das kann schon sein. Aber ich bin nicht Hollywood.
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