Zum Ende der Rosenhügelstudios: Hier entstanden unsere Filmklassiker

Die „Sissi“-Filme mit Karlheinz Böhm und Romy Schneider, 1955
Wo einst Paula Wessely, Hans Moser, Curd Jürgens, Romy Schneider, Willi Forst und Peter Alexander legendäre österreichische Filme drehten, wird jetzt eine Wohnhausanlage gebaut.

Jetzt ist’s also endgültig vorbei mit den Studios, in denen österreichische Filmgeschichte geschrieben wurde. In wenigen Tagen beginnt der Abbruch der Ateliers am Wiener Rosenhügel, in denen Kinoklassiker mit Paula Wessely, Romy Schneider, Curd Jürgens, Willi Forst und Hans Moser entsanden. Für Oscar-Preisträger Michael Haneke stellt die Zerstörung der Filmstadt einen dramatischen Einschnitt dar, "weil von jetzt an in anderen Ländern gedreht werden muss".

Modernstes Filmatelier

Die auf dem Gelände einer ehemaligen Meierei in Wien-Liesing errichteten Studios wurden 1923, noch in der Stummfilmzeit, als "Europas modernstes Filmatelier" nach amerikanischem Vorbild eröffnet. Die Sensation der auf einem Areal von 32.000 betriebenen Ateliers war eine Drehscheibe, auf der man die Dekorationen nach dem jeweiligen Stand der Sonne bewegen konnte.

Doch die Rosenhügel-Betreiber hatten es von Anfang an schwer, gegen die übermächtige Konkurrenz in Hollywood zu bestehen. Also meldeten die Studios bereits ein Jahr nach ihrer Eröffnung Konkurs an und verfielen in einen langen Dornröschenschlaf. Die Wiedereröffnung des Rosenhügels mit dem Film "Maskerade" war dann aber 1934 gleich ein künstlerischer Paukenschlag, mit dem Paula Wessely über Nacht der Durchbruch gelang.

Fatale Falschmeldung

Als Heinz Rühmann hier mit Hans Moser "13 Stühle" drehte, zeigte man ihm im Studio eine Zeitung mit der Falschmeldung "Hans Moser ist tot!" "Alle waren schockiert", erinnerte sich Rühmann, "bis Moser etwas später gut gelaunt am Rosenhügel eintraf und fragte, warum denn alle so traurig sind". Rühmann zu Moser: "Mensch, Hans, das ist ’ne tolle Reklame für dich, das hätte der beste Pressechef nicht erfinden können."

Nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten und der "Arisierung" der im Besitz des Filmindustriellen Oskar Pilzer stehenden Ateliers vereinte Propagandaminister Goebbels die Rosenhügel- und die "Sascha"-Studios in Sievering zur "Wien-Film". Willi Forst drehte 1941 mit ungeheurem Pomp "Wiener Blut" in der Kulisse des Wiener Kongresses, wobei kaum jemandem auffiel, dass am Rosenhügel zu den Melodien von Johann Strauß getanzt wurde, obwohl der "Walzerkönig" erst zehn Jahre nach dem Kongress zur Welt gekommen war. Und während im Kino die lieblichen Walzerklänge zu hören waren, kamen auf den Schlachtfeldern und in den Konzentrationslagern der Nazis Millionen Menschen ums Leben.

Nicht nur ruhmreich

Zum Ende der Rosenhügelstudios: Hier entstanden unsere Filmklassiker
Paula Wessely und Adolf Wohlbrück in "Maskerade"
"Wir waren froh, dass wir in Wien historische Stoffe drehen konnten, während in Berlin Durchhalte- und Propagandafilme entstanden", sagte "Wien Film"-Chef Karl Hartl nach dem Krieg. Aber ganz so ruhmreich ist die Geschichte der Rosenhügelstudios auch wieder nicht, wurden doch auch hier üble Tendenzfilme gedreht – allen voran "Leinen aus Irland" und "Heimkehr", wieder mit Paula Wessely.

In den letzten Tagen des "Dritten Reichs" langte aus Berlin die Anweisung ein, die Rosenhügelstudios in die Luft zu sprengen – doch der Befehl wurde nicht mehr ausgeführt. So konnten hier bald schon die ersten Nachkriegsfilme entstehen, darunter "Das singende Haus" mit Curd Jürgens. Der Rosenhügel befand sich nun in der Sowjetzone, und die Arbeitsbedingungen waren unvorstellbar, erzählte Franz Antel: "Wir drehten ausschließlich nachts, weil es tagsüber keinen Strom gab. Und die eleganten Vorhänge, die man in dem Curd-Jürgens-Film sah, waren aus Klopapier."

Die Nachkriegssituation des österreichischen Films dokumentiert ein Witz aus dieser Zeit treffend:

Der Nachkriegs-Witz

Vier Wiener sitzen im Kaffeehaus. Sagt einer: "Mach ma an Film. Ich hab einen reichen Fleischhauer, der gibt a Million!"

Der zweite: "Großartig. Ich weiß an reichen Gemüsehändler, der gibt auch a Million."

Der dritte: "Ich kenn an Schleichhändler, der gibt noch a Million. Drei Millionen, damit könnt ma an Film machen."

Und der vierte: "Schön und gut. Die Millionen sind ka Problem. Aber wer zahlt jetzt unseren Kaffee?"

Zum Ende der Rosenhügelstudios: Hier entstanden unsere Filmklassiker
"Hallo, Dienstmann". Im Bild: Paul Hörbiger (li.), Hans Moser. SENDUNG: ORF2, SO, 22.10.2006, 14:50 UHR. - Veroeffentlichung fuer Pressezwecke honorarfrei ausschliesslich im Zusammenhang mit oben genannter Sendung des ORF bei Urhebernennung. Foto:ORF/-. Andere Verwendung honorarpflichtig und nur nach schriftlicher Genehmigung der Abteilung ORF/GOEK-Photographie. Copyright:ORF-PHOTOGRAPHIE, Wuerzburggasse 30, A-1136 Wien, Tel. +43-(0)1-87878-14383.
Dennoch entstanden gerade jetzt Kinoklassiker wie "Der Engel mit der Posaune" (1948), und das "Wirtschaftswunder" ermöglichte dann, dass Hans Moser und Paul Hörbiger 1952 am Rosenhügel "Hallo Dienstmann" und Romy Schneider ab 1955 mit Karlheinz Böhm ihre drei "Sissi"-Filme drehen konnten.

Doch selbst ein solcher Welterfolg konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass ab den 1960er-Jahren die Verdrängung des Kinos durch das Fernsehen einsetzte. Die Hallen am Rosenhügel verfielen und das riesige Areal, auf dem man ganze Städte errichten konnte, schrumpfte zusammen, weil Teile des Geländes verkauft wurden.

"Charleys Tante"

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Karl Merkatz als Tischler und Blunzenkönig - Der Schauspieler in "Ein Fall für zweiì und "Willkommen Österreichì: Er ist der Handwerker der Nation: Als unvergessener ÑEchter Wienerì verdiente sich Karl ÑMundlì Merkatz sein Bier als Elektriker, in den ÑBockererì-Filmen war er als Fleischhauer tätig, in ÑEin Fall für zweiì am Donnerstag, dem 10. Februar 2005, um 23.00 Uhr in ORF 2 ist der vielseitige Schauspieler in einer seiner wirklich erlernten Professionen in einer Hauptrolle zu sehen: als Tischler, der seine ermordete Tochter rächen will. In ÑWillkommen Österreichì am Donnerstag, dem 17. Februar, um 17.05 Uhr in ORF 2 präsentiert sich Karl Merkatz als Stargast ein weiteres Mal als Werktätiger: Er stellt seine neue (Sprech-)CD vor, ÑDer Blunzenkönigì, eine Groteske von Autor Christoph Frühwirth, in der Merkatz einen pensionierten Fleischhauer gibt. Im Bild: Karl Merkatz als Fleischhauer in "Der Bockerer II - Österreich ist frei". SIEHE OTS vom 07.02.2005. - Veroeffentlichung fuer Pressezwecke honorarfrei ausschliesslich im Zusammenhang mit oben genannter Sendung des ORF bei Urhebernennung. Foto:ORF/-. Andere Verwendung honorarpflichtig und nur nach schriftlicher Genehmigung der Abteilung ORF/GOEK-Photographie. Copyright:ORF-PHOTOGRAPHIE, Wuerzburggasse 30, A-1136 Wien, Tel. +43-(0)1-87878-14383.
Dennoch entstanden immer noch Publikumserfolge wie "Mariandl", "Die Fledermaus" und "Charleys Tante" mit Peter Alexander, aber auch internationale Verfilmungen wie "Olympia" mit Sophia Loren und Maurice Chevalier. 1966 erwarb das Österreichische Fernsehen die Ateliers, in denen nun die Heinz-Conrads-Shows, die Kultserie "Ein echter Wiener geht nicht unter", der "Kaisermühlenblues" und "Der Bockerer" gedreht wurden.

Einige Male noch bewiesen die auch "Hollywood an der Donau" genannten Rosenhügelstudios internationales Format, etwa als Liz Taylor 1977 "A little Night Music" aufnahm. Und zuletzt entstanden in der vom Produzenten Kurt Mrkwicka betriebenen "Filmstadt Wien" Michael Hanekes "Die Klavierspielerin" und Robert Dornhelms "La Bohème" mit Anna Netrebko und Rolando Villazón.

Doch im Vorjahr verkaufte der ORF die Ateliers um kolportierte 17 Millionen Euro an einen Baukonzern und eine deutsche Handelskette. Im Dezember beginnt der Abriss der Gebäude mit Ausnahme der unter Denkmalschutz stehenden Synchronhalle und der Halle 1, deren künftige Nutzung noch nicht entschieden ist. Fest steht, dass auf dem Areal Wohnungen und ein Supermarkt gebaut werden.

Das letzte Atelier

Mit dem Rosenhügel schließt Wiens letztes großes Filmatelier, durch das ein Hauch der Geschichte weht. Denn die alten Studios in Sievering und Schönbrunn sind längst nicht mehr in Funktion.

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