96. Oscar-Preisverleihung: "Oppenheimer“ großer Gewinner
Antiklimaktisch ging die 96. Oscarpreisverleihung zu Ende: Schauspielveteran Al Pacino schlurfte auf die Bühne, öffnete das Kuvert mit dem Siegerfilm des Abends und verlas dann kaum verständlich den Gewinner: „My eyes see Oppenheimer!“
Seine ungewöhnliche Ansage, die es verabsäumte, all die anderen nominierten Best Pictures nochmals aufzuzählen, sorgte für den Bruchteil einer Sekunde für Verblüffung. Dann stürmte das Produzententeam rund um Christopher Nolan die Bühne und nahm jubelnd seine Oscars entgegen.
Christopher Nolans „Oppenheimer“ ist seiner überragenden Favoritenrolle gerecht geworden: Nominiert in 13 Kategorien, gewann der Atombomben-Blockbuster sieben Goldstatuetten – davon in den Hauptkategorien bester Film und beste Regie. Damit erhielt der Brite Christopher Nolan, der schon mehrfach für Oscars nominiert worden war, erstmals die höchsten Auszeichnungen der amerikanischen Filmindustrie. Dem nicht genug, wurde Cillian Murphy für seine Rolle als „Vater der Atombombe“ mit einem Oscar als bester Hauptdarsteller belohnt. Und Robert Downey Jr. erhielt den Oscar als bester Nebendarsteller und bedankte sich "bei meiner schrecklichen Kindheit".
Der Zweitplatzierte im Feld der Nominierten, der Grieche Yorgos Lanthimos konnte für seine Frankenstein-Variation „Poor Things“ von elf Nominierungen vier in Gewinne umwandeln. Einen davon erhielt die geschockte Emma Stone für ihre Rolle als Bella Baxter – und das war eine der (wenigen) Überraschungen des Abends.
Sie selbst hatte offenbar auch nicht damit gerechnet. Etwas konfus taumelte sie auf die Bühne und entschuldigte sich zuerst einmal für ihr Kleid, das am Rücken aufgerissen war, ehe sie in ihre Dankesrede ausbrach.
- Bester Film: "Oppenheimer"
- Beste Regie: Christopher Nolan
- Beste Hauptdarstellerin: Emma Stone
- Bester Hauptdarsteller: Cillian Murphy
- Beste Nebendarstellerin: Da'Vine Joy Randolph
- Bester Nebendarsteller: Robert Downey Jr.
- Bester internationaler Film: "The Zone of Interest"
- Bester Animationsfilm: "Der Junge und der Reiher"
- Bestes Originaldrehbuch: "Anatomie eines Falls"
- Bestes adaptiertes Drehbuch: "Amerikanische Fiktion"
- Beste Kamera: "Oppenheimer"
- Bester Schnitt: "Oppenheimer"
- Bestes Kostümdesign: "Poor Things"
- Bestes Produktiondesign: "Poor Things"
- Bestes Make-up und Haare: "Poor Things"
- Beste Visuelle Effekte: "Godzilla Minus One"
- Bester Sound: "The Zone of Interest"
- Beste Musik: "Oppenheimer"
- Bester Song: "Barbie" ("What Was I Made For?")
- Bester Dokumentarfilm: "20 Tage in Mariupol"
- Bester Dokumentarkurzfilm: "The Last Repair Shop"
- Bester animierter Kurzfilm: "War is over! Inspired by the Music of John & Yoko"
- Bester Kurzfilm: "Ich sehe was, was du nicht siehst"
Damit hatte sich Emma Stone in einem Feld an extrem starken Konkurrentinnen durchgesetzt, denn die Frauenrollen waren heuer mit so exzellenten Schauspielerinnen wie Sandra Hüller oder Carey Mulligan ganz besonders eindrucksvoll besetzt.
Als große Favoritin neben Stone galt die indigene Darstellerin Lily Gladstone für ihre Rolle in Martin Scorseses „Killers of the Flower Moon“. Doch Gladstone ging leer aus. Und nicht nur sie: „Killers of the Flower Moon“, immerhin für insgesamt zehn Oscars nominiert, erhielt keinen einzigen Preis.
Auch Greta Gerwigs „Barbie“, nominiert für acht Oscars, musste sich mit einem Oscar für besten Song begnügen: Billie Eilish nahm ihn für ihr gefühlvolles Lied „What Was I Made For?“ entgegen.
Ebenfalls als „Team Barbie“ trat Ryan Gosling mit seinem sommerlichen Hit-Song „I’m Just Ken“ auf und lieferte einen unterhaltsamen Höhepunkt der Show. Mit Schwung warf sich „Ken“ im rosa Glitzeranzug in Publikum und forderte Greta Gerwig, Margot Robbie und schließlich auch Emma Stone (die sich bei der Gelgeneheit das Kleid zerriss) zum Mitsingen auf.
Dass die Oscarverleihung längst nicht mehr nur eine rein inneramerikanische Angelegenheit ist, sondern mittlerweile ein größeres Spektrum des Weltkinos abbildet, bewiesen nicht zuletzt Preise wie die für bestes Originaldrehbuch: Die Französin Justine Triet und ihr Partner Arthur Harari erhielten den Oscar für „Anatomie eines Falls“. Triet bedankte sich mit dem Satz: „Dieser Preis wird mir doch meine Midlife-Krise helfen.“ Die deutsche Hauptdarstellerin Sandra Hüller ging zwar leer aus, doch allein die Tatsache, dass sie als nicht-englischsprachige Darstellerin in der Kategorie für beste Schauspielerin nominiert worden war, gilt als höchst außergewöhnlich.
Zu den Gewinnern des Abends zählte auch der Brite Jonathan Glazer mit „The Zone of Interest“ – ebenfalls mit Sandra Hüller in der Hauptrolle. Das Auschwitz-Drama erhielt zwei Oscars – für seinen unheimlichen Sound und als bester internationaler Film.
Glazers Dankesrede brachte politische Tone in den weitgehend launigen Abend: Er warnte davor, Menschen zu enthumanisieren, und gedachte der israelischen Opfer vom 7. Oktober und den getöteten Palästinensern in Gaza. Viele der anwesenden Gäste trugen rote Buttons auf ihrem Festtagsgewand und forderten mit dieser Geste den umgehenden Waffenstillstand in Gaza.
Moderator Jimmy Kimmel trieb gewitzt und in zügigem Tempo den Abend voran, der zwischen gefühlvollen Auftritten und amüsanten Einfällen (wie dem halbnackten John Cena, der nur mit Briefkuvert „bekleidet“ auf die Bühne schlich) eine gute ausgwogenen Mischung aus Unterhaltung, Witz, Gefühl und ein bisschen Politik bot. Und vor allem durchwegs starke Filme mit exzellenten Schauspielern und Schauspielerinnen auszeichnete.
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