Im kinoverrückten Kuba
Mit seinem Pariser Vorstadtdrama „Die Klasse“ gewann er 2008 die Goldene Palme in Cannes. Nun wagt sich der Lehrersohn, der für seine formale Strenge und Präzision bekannt ist, an ein neues Genre: Im Episodenfilm „7 Tage in Havanna“ (Kinostart am Freitag) füllt er wie sechs andere Regiekollegen filmisch einen Tag in der kubanischen Hauptstadt. Und wird dabei für seine Verhältnisse fast komödiantisch.
Immer schon habe ihn das Flair Havannas fasziniert, erklärt Cantet im Interview in Paris. „Zuletzt bin ich vor zehn Jahren dort gewesen, dann habe ich es auch zeitlich nicht mehr geschafft hinzukommen.“ Das Angebot, dort eine Episode für einen Kinofilm zu drehen, konnte er gar nicht ausschlagen: „Das war klar, dass ich mitmache. Ich habe die paar Drehtage richtig genossen.“
Skurril
In seiner Episode – für die anderen sechs zeichnen unter anderem Benicio Del Toro, Gaspar Noé und Julio Medem verantwortlich – rückt Cantet die strenggläubige Marta in den Mittelpunkt, die zu Ehren der Göttin Ochún einen Brunnen neben der Heiligenstatue in ihrem Wohnzimmer errichten will. Um dieses skurrile Vorhaben umzusetzen, mobilisiert Marta alle Nachbarn, die sich spontan an die Arbeit machen. Alles endet dann in einem fröhlichen kubanischen Fest.
„Ich habe gleich bei unserem ersten Treffen gewusst, dass Nathalia meine Marta ist“, erzählt Cantet von der Begegnung mit seiner Hauptdarstellerin in einem schäbigen Mietshaus an der Uferstraße Malecon. „Sie hat eine Unbeschwertheit und Heiterkeit, die ansteckt.“
Dass zeitliche Eile geboten war, weil die Episode ja nur in 24 Stunden spielen durfte, barg humoristisches Potenzial: „Schon allein, wie sich Nathalia in den Hausflur stellte und mit ihrer rauen Stimme alle Hausnachbarn zusammentrommelte, war komisch. In Paris würden dich die Nachbarn verklagen, wenn du so herumschreist. Und arbeiten würde ganz sicher keiner für dich“.
Auch mit den Problemschülern seines Erfolgsfilms „Die Klasse“ halte er noch Kontakt und helfe ihnen, wenn es nötig ist. „Am besten fühle ich mich, wenn die Grenze zwischen Realem und Fiktion verschwimmt. Wenn die Zuseher nicht sicher sind, sehen sie nun eine erfundene Geschichte oder ist doch etwas Wahres dran. Diese Qualität habe ich in ,Die Klasse‘ erreicht und ich hoffe, ich erreiche sie auch hier in ,7 Tage in Havanna‘“.
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