Im kinoverrückten Kuba

epa03231171 An undated handout film still provided by the Cannes Film Festival organisation on 23 May 2012 shows a scene of '7 Dias en La Habana' (7 Days in Havana). The movie directed by Benicio del Toro, Pablo Trapero, Julio Medem, Elia Suleiman, Gaspar Noe, Juan Carlos Tabio and Laurent Cantet is presented the 'Un Certain Regard' section of the festival, which runs from 16 to 27 May. EPA/CANNES FILM FESTIVAL HANDOUT EDITORIAL USE ONLY/NO SALES
Der französische Regisseur Laurent Cantet meldet sich im Kino zurück.

Mit seinem Pariser Vorstadtdrama „Die Klasse“ gewann er 2008 die Goldene Palme in Cannes. Nun wagt sich der Lehrersohn, der für seine formale Strenge und Präzision bekannt ist, an ein neues Genre: Im Episodenfilm „7 Tage in Havanna“ (Kinostart am Freitag) füllt er wie sechs andere Regiekollegen filmisch einen Tag in der kubanischen Hauptstadt. Und wird dabei für seine Verhältnisse fast komödiantisch.

Immer schon habe ihn das Flair Havannas fasziniert, erklärt Cantet im Interview in Paris. „Zuletzt bin ich vor zehn Jahren dort gewesen, dann habe ich es auch zeitlich nicht mehr geschafft hinzukommen.“ Das Angebot, dort eine Episode für einen Kinofilm zu drehen, konnte er gar nicht ausschlagen: „Das war klar, dass ich mitmache. Ich habe die paar Drehtage richtig genossen.“

Skurril

In seiner Episode – für die anderen sechs zeichnen unter anderem Benicio Del Toro, Gaspar Noé und Julio Medem verantwortlich – rückt Cantet die strenggläubige Marta in den Mittelpunkt, die zu Ehren der Göttin Ochún einen Brunnen neben der Heiligenstatue in ihrem Wohnzimmer errichten will. Um dieses skurrile Vorhaben umzusetzen, mobilisiert Marta alle Nachbarn, die sich spontan an die Arbeit machen. Alles endet dann in einem fröhlichen kubanischen Fest.

„Ich habe gleich bei unserem ersten Treffen gewusst, dass Nathalia meine Marta ist“, erzählt Cantet von der Begegnung mit seiner Hauptdarstellerin in einem schäbigen Mietshaus an der Uferstraße Malecon. „Sie hat eine Unbeschwertheit und Heiterkeit, die ansteckt.“

Dass zeitliche Eile geboten war, weil die Episode ja nur in 24 Stunden spielen durfte, barg humoristisches Potenzial: „Schon allein, wie sich Nathalia in den Hausflur stellte und mit ihrer rauen Stimme alle Hausnachbarn zusammentrommelte, war komisch. In Paris würden dich die Nachbarn verklagen, wenn du so herumschreist. Und arbeiten würde ganz sicher keiner für dich“.

Im kinoverrückten Kuba
Director Laurent Cantet poses during a photocall for the film "7 Dias En La Habana", at the 65th Cannes Film Festival, May 23, 2012. REUTERS/Yves Herman (FRANCE - Tags: ENTERTAINMENT HEADSHOT)
Cantet drehte ausschließlich mit Laien, eben den Bewohnern des Hauses. „Am Ende hatte ich einen Film, der den dokumentarischen Blick auf das Leben in Havanna mit dem Genre der Komödie vermengt“. Ein großer Wermutstropfen für Cantet und seine Regiekollegen ist, dass der Film inKuba nicht regulär gezeigt werden darf. Als spanisch-französische Koproduktion darf er wie alle anderen ausländischen Filme im Castro-Imperium nicht in die Kinos. „Das ist wirklich schade. Er ist nur ein einziges Mal, und zwar beim Filmfestival in Havanna, zu sehen gewesen. Da waren die Leute begeistert“. Aber Cantet ist zuversichtlich: „Die Kubaner sind so kinoverrückt und schlau. Sie kommen immer an das, was sie sehen wollen“. Für ihn ist die Authentizität eines der wichtigsten Kriterien seiner Filme: „Die Leute spüren es, ob du dich wirklich mit einem Thema auseinandersetzt. Ob du dich mit den betroffenen Menschen beschäftigst und nicht zynisch bist“.

Auch mit den Problemschülern seines Erfolgsfilms „Die Klasse“ halte er noch Kontakt und helfe ihnen, wenn es nötig ist. „Am besten fühle ich mich, wenn die Grenze zwischen Realem und Fiktion verschwimmt. Wenn die Zuseher nicht sicher sind, sehen sie nun eine erfundene Geschichte oder ist doch etwas Wahres dran. Diese Qualität habe ich in ,Die Klasse‘ erreicht und ich hoffe, ich erreiche sie auch hier in ,7 Tage in Havanna‘“.

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