Stationentheater mit sehr vielen Liegestützen

Recherchierten Lebensgeschichten aus der Zeit des Ersten Weltkriegs: Studenten des Mozarteums
"36566 Tage": Ein bemerkenswertes Studentenprojekt bei den Salzburger Festspielen.

Auch so geht Theater: Auf einem Parkplatz exerziert ein junger Mann, kommandiert von einer Frau, buchstäblich bis zum Umfallen. Die Zuschauer werden aufgerufen, eine Zahl zwischen 1 und 20 zu nennen, er muss die entsprechende Anzahl von Liegestützen ausführen. Als eine Frau im Publikum gnädig die Zahl 2 nennt, muss er zwei Liegestütze machen. Und noch einmal zwei. Und noch einmal zwei ... Währenddessen mischen sich Bewohner der angrenzenden Wohnhäuser mit Zwischenrufen oder Musik in die Szene ein.

Wir befinden uns auf dem Areal der Universität Mozarteum in Salzburg, bei der zweiten Produktion des heurigen Young Directors Project: Die Arbeit heißt "36566 Tage" – denn so viele sind zwischen Ausbruch des Ersten Weltkriegs und der Premiere am Freitag vergangen (genau genommen müsste der Titel bei der zweiten Vorstellung dann "36567 Tage" lauten usw.).

Arbeit

Und es hat einen Grund, dass wir diese Produktion eine "Arbeit" nennen, und nicht etwa eine Inszenierung oder ein Stück. Studenten und Studentinnen des Mozarteums (Schauspiel, Regie, Bühnenbild) haben zum Thema Erster Weltkrieg recherchiert und 17 "Projekte" erarbeitet – Szenen, Musik, Rauminstallationen –, die auf dem Gelände der Universität gezeigt werden, verklammert durch einen Prolog (ein Sprech-Konzert, montiert aus Zeitungstexten) und einen Epilog. Aus Zeitgründen sehen die Besucher, die in Gruppen aufgeteilt werden, aber jeweils nur sechs Stationen, wer alles sehen will, muss also öfter kommen.

Bewundernswert ist die Rechercheleistung, mit der die Akteure versuchten, sich dem Alltagsleben des Jahres 1914 zu nähern. Der Abend hat ein wenig das Flair einer Semester-Abschlussarbeit, die einzelnen Projekte ergeben nicht wirklich eine Geschichte. Trotz des engagierten (und sehr ernsthaften) Einsatzes der Akteure ist nicht jede Station gleichermaßen bedeutsam, manches ist mehr gut gemeint als gut. Als ein Beispiel für einen wirklich gelungenen Beitrag ist die Arbeit des Schauspielers Caner Sunar zu nennen, der ganz alleine die Geschicke von Mitgliedern des ehemaligen türkischen Herrscherhauses der Osman recherchierte und zu einer blitzgescheiten, sehr witzigen Szenen-Collage montierte.

Fazit: Ein merkwürdiger, aber durchaus reizvoller Abend (keine Wertung).

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