Es ist nicht das erste Gastspiel, das die Kunstsammlung des Energiekonzerns Verbund in einem österreichischen Museum gibt: Ihren ersten großen Auftritt hatte sie 2007 im MAK unter dem Titel „Held together with Water“ („Von Wasser zusammengehalten“).
Seitdem ist viel Wasser über die Turbinenräder jener Kraftwerke geflossen, die den Konzern zusammenhalten. Zum 20. Jubiläum ihrer Gründung ist die Sammlung nun also in der Albertina gelandet. Man könnte das als Warnsignal werten – denn besagtes Museum hat sich unter der bald 25 Jahre währenden Führung von Klaus Albrecht Schröder teils auch als Sammelbecken für Kunstbestände von Unternehmern profiliert, deren Geschicke irgendwann den Bach hinunter gegangen sind.
Aber keine Angst: dem Verbund geht es gut, und die gekonnt gestaltete Schau in den „Propter Homines“-Hallen unterstreicht, dass die Firmen-Kollektion vital zum Gedeihen der österreichischen Kunst beigetragen hat und ihr internationales Renommee zu Recht genießt.
Feminismus
Das liegt vor allem an Werken von Künstlerinnen, die in den 1970er-Jahren mit Fotos, Videos und Performances Rollenklischees und Unterdrückungsmuster torpedierten. Der Begriff „Feministische Avantgarde“, von Sammlungsleiterin Gabriele Schor geprägt, hat sich nicht zuletzt wegen der vielen Publikationen und Ausstellungstouren der Sammlung als Fachbegriff eingebürgert (2017 gastierte dieser Teil der Sammlung auch im mumok).
In Vergessenheit geriet dabei, dass die Kollektion sich nicht mit Feminismus begnügt: Unter dem Motto „Spaces & Places“ sammelte der Verbund immer auch Kunst, die sich mit „der Wahrnehmung von Räumen und Orten“ befasst, wie Schor sagt. Auch diese Werke wurzeln in den 70er-Jahren, es ist eine Kunst der Immobilienkrise.
In leer stehenden Industriehallen und heruntergekommenen Wohnhäusern in New York City und Umgebung tobten sich vor 50 Jahren Künstler und Künstlerinnen aus: David Wojnarowicz – er wurde 1992 Opfer der Aids-Epidemie – inszenierte sich etwa mit der Maske des Poeten Arthur Rimbaud an heruntergekommenen Orten. Gordon Matta-Clark zersägte abbruchreife Vorstadthäuser, um ein neues Verständnis von Skulptur zu deklarieren. Fred Sandback spannte Wollfäden durch Räume und schuf so Volumina mit minimalen Mitteln.
Gefüllte Leere
Es gibt Berührungspunkte zwischen dieser Kunst und der „feministischen Avantgarde“, nicht nur, weil sich die Spur des Galeristen Hubert Winter erkennen lässt, der in Wien Anknüpfungspunkt für US-Konzeptualisten wie Sandback und Lawrence Weiner war und zugleich das Werk der Künstlerin Birgit Jürgenssen beförderte. Auch die heute hoch gehandelten Körperinszenierungen von Francesca Woodman – vielleicht die berührendsten Werke in der Schau – nutzten heruntergekommene Gebäude als Bühnen und Freiräume. Die Zeit, als Leerstandsnutzung bewusst zur Aufwertung von Brachen benutzt wurde, war da noch nicht angebrochen – der kreative Wille, der aus diesen Bildern spricht, wirkt frei von jeder Berechnung.
In der Verbund-Zentrale am Hof in der Wiener City, wo allabendlich eine Installation von Olafur Eliasson gelben Nebel zu den ehemaligen Luxusimmobilien der Signa-Gruppe hinüberbläst, scheint man jedenfalls verstanden zu haben, dass gerade auch Kunst, die nicht monumental und angeberisch daherkommt, Bestand haben kann. Durch Sensibilität und Ernsthaftigkeit gegenüber der Sache ist hier tatsächlich Mehrwert entstanden – nicht nur aus monetärer Sicht.
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