20 Jahre Münster-„Tatort": Liebe, Freundschaft und bissige Wortakrobatik
Mit einer launigen, „spontanen“ Rede verabschiedet Prof. Dr. Dr. Karl-Friedrich Boerne seinen alten Freund, Rechtsanwalt Friedhelm Fabian, und dessen Frau Veronika nach Mittelamerika. Zur gleichen Zeit geht es einem von dessen Kollegen an den Kragen – Nikolas Weber, Haus- und Hofanwalt von Mafiaboss Nino Agostini, hatte einen Prozess vergeigt, was ihm nicht guttut. Ist das endlich die Möglichkeit für Kommissar Frank Thiel den kaltblütigen Clan-Chef zu überführen? Doch es gibt weitere Verdächtige ...
Mit „Ein Freund, ein guter Freund“ (Sonntag, 20.15, ORF 2) begehen die Publikumslieblinge und ROMY-Preisträger Jan Josef Liefers und Axel Prahl das 20-Jahr-Jubiläum ihres Münster-„Tatort“. Darauf stimmt ORF 2 bereits heute, Samstag, mit zwei Folgen der beliebtesten deutschen „Tatort“-Ausgabe in Österreich ein: „Der Frauenflüsterer“ (21.40) sowie „Der dunkle Fleck“ von 2002 (23.10). Darin bereits in der Stammbesetzung vertreten waren auch Christine Urspruch und Mechthild Großmann.
Recht und Gerechtigkeit
Im Jubiläums-„Tatort“ hat Thiel wieder seine liebe Not mit den Anwälten. Selbst mit den toten. „Thiel ist immer ein Verfechter der Gerechtigkeit“, sagt Prahl im WDR über seine Figur. „Wie wir wissen, ist aber recht haben und recht bekommen häufig zweierlei. Wenn also jemand, der in Thiels Augen zu 100 Prozent schuldig ist, aufgrund einer Gesetzeslücke oder eines juristischen Formfehlers und durch das geschickte Lavieren eines Winkeladvokaten freigesprochen wird, dann wurmt ihn das schon sehr.“ Zu Hilfe kommt dem Kommissar erneut sein Bauchgefühl. „Ich sehe hier durchaus einen Zusammenhang zwischen Bauch bzw. Bauchgefühl und Erfahrung. Beides wächst kongruent.“
Fürs mit bissiger Wortakrobatik ausgestattete Drehbuch der Jubiläumsfolge verantwortlich ist Benjamin Hessler. Als Boerne dringend auf Laborergebnisse wartet, fordert er seine kleinwüchsige Assistentin auf, „Druck von unten bei den Kollegen auszuüben“. „Druck von unten sagt er von oben herab“, empört sich Haller – und greift dennoch zum Telefonhörer.
Warum tut Boerne das, während er etwa bei der von Proschat Madani dargestellten Veronika Fabian zum Softie mutiert? „In Wahrheit liebt er doch Silke Haller, die er Alberich nennt, weil er eben diese schrullige und etwas verkorkste Art hat, ihr das mitzuteilen“, erläutert Liefers die Gefühlswelt seiner Pathologen-Figur.
Einen seltenen Einblick in diese eröffnet der Professor diesmal nach dem Finale, wozu auch Tränen in den Augen gehören und getarnt als Vorlesung über die Evolutionsbiologe. Liebe, so „Dr. multi“ Boerne zu Thiel, sei nichts anderes als eine Fehlfunktion, die fatale Konsequenzen haben könne. „Für die Erhaltung der Gattung gänzlich unnötig.“
Kommentare