175 Jahre Wiener Philharmoniker: Großbauer - "Das einzig Wahre ist das Konzert"

175 Jahre Wiener Philharmoniker: Großbauer - "Das einzig Wahre ist das Konzert"
Der Vorstand der Wiener Philharmoniker über die Zukunft der Klassik, soziales Engagement, China und warum beim Konzert manchmal der Himmel aufgeht.

Jubiläen sind willkommener Anlass, um nicht (nur) in die Vergangenheit, sondern in die Zukunft zu blicken. Die nächsten 25 Jahre werden für die Klassikbranche wohl mehr Veränderungen bringen als die vergangenen 175 Jahre. Selbst renommierten US-Orchestern geht’s finanziell schlecht, der Tonträgermarkt ist fast nicht mehr vorhanden.

KURIER: Müssen sich auch die Wiener Philharmoniker für eine andere Zukunft rüsten?

Man muss offen, hell und wach sein und erspüren, was die Menschen brauchen. Dem Komponisten nachzuspüren, ist immer noch zeitgemäß. Das Drumherum, die Verpackung ist anders: Man muss andere Wege finden, die Menschen anzusprechen. Wir leben in einer Zeit, in der alle mit Medien, mit Werbung bombardiert werden. Da muss sich die Musik ihren Weg ins Ohr auch erkämpfen. Es ist wichtig, dass man vorsichtig ist mit der Verkommerzialisierung. Diesbezüglich ist es vielleicht gar nicht schlecht, dass der Tonträgermarkt nicht das einzig Wahre ist. Das einzig Wahre ist das Konzert.

175 Jahre Wiener Philharmoniker: Großbauer - "Das einzig Wahre ist das Konzert"
Interview mit Andreas Großbauer, Vorstand der Wiener Philharmoniker, Alexandra Fida (ORF-Projektleiterin) und Classica-Chef Johannes Everding zum Start von "Fidelio", dem neuen Klassik-Portal des ORF, im Wiener Musikverein am 22.11.2016.
Der Konzertsaal ist wie eine Medien-Oase, es gibt kein Handy, keinen Bildschirm. Muss man darauf verstärkt hinweisen?

Das ist ein Teil der Wahrheit, ja. Aber es geht auch darum, als Institution, als Orchester glaubwürdig zu sein. Wieviel Verantwortung hat man als Kollektiv? Was kann man den Menschen mitgeben? Unser Orchester ist als Basisdemokratie organisiert. Wir diskutieren hart. Aber wenn man es dann schafft, gemeinsam auf der Bühne zu sitzen, an einem Werk zu arbeiten und das auch fließen zu lassen, dann ist das aus meiner Sicht eine unglaubliche Vorbildwirkung, wie man zusammenleben kann, auch für Städte und Staaten. Diesen Samen wollen wir säen.

Und das über die Musik hinaus.

Eines unserer wichtigsten Konzerte ist das Neujahrskonzert als frohe Botschaft des Neuen Jahres. Gleich gefolgt vom Sommernachtskonzert, das einen anderen Zugang hat: Ein Konzert bei freiem Eintritt. Es ist uns wichtig, dass es ermöglicht wird, dass viele Menschen vor der Kulturinstitution Schönbrunn die klassische Musik feiern können. Heuer wird das Motto "Märchen und Mythen" sein. Dieses kleine Orchester – wir sind weniger als 150 Personen – stemmt hier eine Großveranstaltung, mit entsprechend hohen Kosten. Wir glauben daran, dass wir hier eine Botschaft schicken können. Dann gibt es extrem viel karitatives Engagement. Man versucht, tagesaktuell zu helfen, wie mit unserem Haus für Flüchtlinge. Wir haben seit 2011 auch ein Riesenprojekt in Japan, den "Vienna Philharmonic & Suntory Aid Fund". Er hilft, die Regionen, die vom Tsunami weggefegt wurden, wieder aufzubauen – musikalisch wiederaufzubauen. Man braucht Hilfe bei der Trauerarbeit und der Aufarbeitung. Mit Musik geht das. Es gibt auch unzählige kleinere Initiativen, auch im Bereich der Kollegen. Man kann viel beitragen, es steckt in der DNA der Musik drinnen, miteinander stark zu sein. Und das wollen wir auch leben. Man muss aufhören mit dem Raunzen und Nörgeln, man muss die Ärmel aufkrempeln und etwas tun. Und man kann etwas tun, auch in Amerika. Dort gibt es eine neue Vienna Philharmonic Society, die die Jugend mehr zu Musik bringen soll.

Schon lange geht es aber auch hierzulande darum, junges Publikum langfristig für klassische Musik zu interessieren. Gibt es da Fortschritte?

Ich sehe, dass von Vielen viel getan wird. Ich bin auch sehr glücklich. Wir haben unser "passwort:klassik", und im Vorjahr haben wir den großen Jugendwettbewerb "BePhilharmonic" gestartet. Das ist, auch dank der Partnerschaft mit dem ORF, gut aufgegangen. Die Preisträger sind auf der Bühne des Sommernachtskonzerts aufgetreten. Ensembles hatten wir auch im Pausenfilm beim Neujahrskonzert, beim Ball der Wiener Philharmoniker, auch bei der Eröffnung des Asylhauses.

In Asien hingegen muss man junge Menschen nicht motivieren, sich klassische Musik anzuhören, die tun das gerne – und in großer Zahl.

Ich habe noch nie so viele junge Menschen in einem Konzert gesehen wie in China. Das Land ist ein wichtiger Zukunftsmarkt für uns. Wir haben heuer unsere erste reine Chinatour und wollen dann regelmäßig dorthin. Es ist unglaublich, was dort passiert, wie groß dieses Land ist, wie groß diese Städte sind. Und wie hoch das Interesse von ganz jungen Menschen ist.

Bald wird auch jeder, der in einer der Großstädte Chinas lebt, sich ein Streaming-Abo kaufen können und die Philharmoniker anhören.

Ich hoffe, dass das bald soweit sein wird! MyFidelio.at ist eine gute Initiative. Drei unserer Abonnementkonzerte sollen dort gezeigt werden, Konzerte, die über Jahre ausverkauft sind. Das ist eine Chance, aber man wird sehen, wie weit das tatsächlich auch genützt wird. Es ist uns auch wichtig, dass die Schallplatte weiter gestärkt wird. Wir bringen zum 175. Geburtstag einen eigenen Plattenspieler heraus – ein Herzensprojekt, weil es etwas besonderes ist, sich hinzusetzen, eine Platte herauszunehmen und sich 20 Minuten eine Seite konzentriert anzuhören.

Gibt es ein künstlerisches Ziel für die nächsten 25 Jahre?

Es gibt diesen Spruch von unserem Gründer Otto Nicolai, mit den besten Kräften das Beste auf die beste Weise aufzuführen. Es gibt verschiedene Wege, wie man da hinkommt: Hat man mehr den emotionalen, den intellektuellen, den technischen Zugang? Das wollen wir erreichen – und wir erreichen das nicht immer. Aber wenn es da ist, dann weiß es jeder, im Publikum und im Orchester. Manchmal scheitert man, und manchmal geht der Himmel auf.


Mag das Repertoire jedes Jahr ähnlich sein; mag die künstlerische Qualität alljährlich auf höchstem Niveau sein; mag sich dieses Ereignis also immer wieder nur im Detail unterscheiden: Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker ist bestimmt jenes mit dem größten Faszinosum. Was eben genau daran liegt, dass es, bei aller Ähnlichkeit in der Anmutung, bei näherer Betrachtung doch jedes Jahr völlig anders ist.Darob ist dieses Konzert ebenso ein zentrales für all jene, die daheim oder anderswo feuchte Augen bekommen, wenn sie den "Donauwalzer" hören, wie für jene Connaisseure, die die Unterschiede in der Interpretation minutiös studieren.

Anfänge in der NS-Zeit

Wenn man zurück zu den Anfängen geht, lässt sich der politische Hintergrund nicht ausblenden.

Nachdem es bereits von 1929 bis 1933 in Salzburg Strauß-Konzerte unter Clemens Krauss gab, die das Neujahrskonzert vorwegnahmen (wie der langjährige Philharmoniker-Vorstand Clemens Hellsberg in einem Artikel zur Entstehung genau erklärt), kam es in Wien am 31. Dezember 1939 zu einem Konzert unter Krauss für das Kriegswinterhilfswerk der Nazis. 1941 dann, wieder unter Krauss, fand das erste Konzert am 1. Jänner statt. Nach dem Zweiten Weltkrieg stand zweimal Josef Krips am Pult, ehe Krauss nach der Aufhebung seines Dirigierverbots zurückkehrte.

Nach dessen Tod 1954 entschieden sich die Wiener Philharmoniker, Konzertmeister Willi Boskovsky mit der Leitung zu betrauen, der das Konzert von 1955 bis 1979 prägte. Von 1980 bis 1986 folgte Lorin Maazel, dann entschloss sich das Orchester zu alljährlichen Wechseln. So kam 1987 das grandiose Konzert unter Herbert von Karajan zustande, so durfte man Carlos Kleiber zweimal erleben, so konnte Riccardo Muti (der auch 2018 wieder dirigieren wird) das Neujahrskonzert ebenso bereichern wie Claudio Abbado, Zubin Mehta, Daniel Barenboim, Seiji Ozawa oder Franz Welser-Möst. Für die – subjektiv betrachtet – beeindruckendsten Erlebnisse der vergangenen Jahre sorgten jedoch Nikolaus Harnoncourt bei seinem Debüt 2001, als er die Urfassung des "Radetzkymarsches" an den Beginn stellte und das Kriegerische an den Märschen betonte, sowie der grandiose Interpret Mariss Jansons und der fabelhafte Ästhet Georges Prêtre. Diversity und Vielfalt – das ist heute das politische Statement des Neujahrskonzertes.

Josef Hellmesberger, Geiger bei den Wiener Philharmonikern, konnte auch Freunden gegenüber sehr kritisch sein. Als ihm Robert Fuchs einmal eine Komposition vorspielte, in der ihm so einiges bekannt vor kam, sagte er: "Fuchs, das hast du ganz gestohlen!" Auf Kritiker war Hellmesberger nicht gut zu sprechen. Als Eduard Hanslick von einer Kur nach Wien zurückkehrte, sagte er: "Der Hanslick ist leberleidend nach Karlsbad gefahren und leider lebend wiedergekommen." Über einen anderen Kritiker, dem man nachsagte, er richte sein Urteil oft nach der Meinung seiner Kollegen aus, stellte er nach der Premiere fest: "Der gäb was drum, wenn er heut wüßt, wie ihm morgen die Oper gefallen wird."

Um kaum einen Dirigenten ranken sich mehr Anekdoten und Bonmots als um Hans Knappertsbusch, der zur glanzvollen Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper nach dem Krieg 1955 eine Inszenierung dirigieren sollte, aber schon die erste Orchesterprobe mit den Worten abgebrochen hat: "Meine Herren, Sie kennen den ,Rosenkavalier’, ich kenne den ,Rosenkavalier’ – wir sehen uns bei der Bühnenprobe."

Apropos Proben. Sie sind für Musiker nicht immer ein Vergnügen. So findet sich im Archiv der Wiener Philharmoniker in der zweiten Geigenstimme des "Lohengrin" nach jener Stelle, wo Lohengrin schwungvoll bekennt: "Elsa, ich liebe dich!" eine handschriftliche Notiz des Geigers Johann Czapauschek: "Hier empfiehlt Czapauschek Tusch in A-Dur und Ende der Oper."

Karl Böhm probte ein Werk von Richard Strauss und äußerte am Ende – mit dem Ergebnis durchaus zufrieden – noch einen Wunsch: "Meine Herren, heute Abend spielen S’ des ein bisserl leiser, es is ja eh so laut komponiert..."

Leonard Bernstein war bekannt für sein Temperament und dafür, dass er jeden umarmte und küsste, der nicht rechtzeitig auswich. Vor seiner Audienz bei Papst Paul VI. erhielt er von einem Freund ein Telegramm mit der Erinnerung: "Denk dran, Lenny: den Ring küssen und nicht auf den Mund." Und für Helmut Wobisch, der sich während der Nazi-Zeit alles andere als mit Ruhm bekleckert hatte, und trotzdem nach dem Krieg bei den Philharmonikern wieder Karriere machte, hatte "Lenny" eine besondere Anrede parat: "My dearest Nazi".

Eine schöne Schnurre gibt es zum legendären Neujahrskonzert unter Herbert von Karajan 1987: Der gebrechliche 78-Jährige, dem wegen einer schmerzhaften Erkrankung der Wirbelsäule bereits das Gehen schwer fiel, saß vor seinem Auftritt im Dirigentenzimmer des Musikvereins. Alle machten sich Sorgen: Wird er das Pult auf der Bühne erreichen? Obendrein weigerte sich Karajan partout, seine Frackhose anzuziehen. Er wollte seine bequeme Trainingshose auch beim Auftritt vor einem Millionenpublikum anbehalten. Und setzte sich durch. Wer’s weiß und genau hinschaut, sieht’s bei der Konzertaufzeichnung. Karajan lachte hinterher, wie berichtet wird, triumphierend: "Und? Hat jemand was gemerkt?"

Seit ihrer Gründung sind die Wiener Philharmoniker ein Phänomen der Paradoxe. Als wäre Schizophrenie von Anfang an ein Hauptmerkmal dieser einzigartigen Gemeinschaft gewesen. Schon von seinem Status her weist dieses Orchester zwei Gesichter auf, sowohl juristisch als auch wirtschaftlich.

Einerseits sind seine Musiker als Mitglieder des Staatsopernorchesters Angestellte des österreichischen Staates mit monatlichem Gehalt und der Verpflichtung, ihren Dienst im Orchestergraben zu versehen. Andererseits bilden die Mitglieder als "Nebenjob" einen privaten Verein, welcher unter dem Namen Wiener Philharmoniker Konzerte veranstaltet, deren Einnahmen die Musiker untereinander aufteilen. Also einerseits Lohnarbeit, andererseits Selbstständigkeit. Wir haben es hier schon mit zwei entgegengesetzten Einstellungen zur Arbeit zu tun, die im Laufe der ganzen Orchestergeschichte ständig zwischen mehr oder weniger latentem Konflikt und gegenseitiger Bereicherung schwankte.

Flexibilität

Übrigens hat dieses Doppelmodell nicht nur gesellschaftliche, sondern musikalische Auswirkungen auf dieses einzigartige Orchester: Denn im Orchestergraben eine Oper zu spielen und auf der Bühne ein Symphoniekonzert zu geben, sind zwei grundverschiedene Aktivitäten. Und ich bin fest davon überzeugt, dass die einmalige Flexibilität und Reaktivität dieses Orchesters, sowie sein Hang zum Sängerischen, auch wenn es eine Symphonie spielt, direkt auf seine Tätigkeit als Opernorchester zurückzuführen ist.

Genauso wäre seine Neigung, sich in der Oper nicht mit einer Begleitrolle zu begnügen, sondern zum Protagonisten zu werden, ohne seine Konzerterfahrung nicht denkbar. Auf eine dieser beiden Stützen zu verzichten, würde wahrscheinlich das Ende der Wiener Philharmoniker bedeuten.Ein anderes Paradox ist, dass die von Anfang an beanspruchte Unabhängigkeit zwar glänzend positive, doch auch erschreckend negative Folgen hatte. Ohne sie wären die Philharmoniker wohl nie zum unvergleichlichen Eliteorchester geworden, das sie nach wie vor, vielleicht sogar mehr denn je sind. Aber diese Medaille hatte (hat?) auch ihre Kehrseiten. Die Notwendigkeit, finanziell autonom zu sein, hat dem ökonomischen Moment oft eine überwiegende Rolle im Orchesterleben beigemessen, sodass man manchmal den Eindruck hatte, es mehr mit Geschäftsleuten als mit Künstlern zu tun zu haben. Die Überzeugung, dass man im Grunde genommen keinen Dirigenten braucht, und dass zuviel zu proben Zeitverschwendung ist ("wir haben’s drauf!"), führte dazu, dass die Musiker auf die Uraufführung von Wagners "Tristan und Isolde" verzichteten, oder mit so wichtigen Künstlern wie Gustav Mahler oder Clemens Krauss aneinandergerieten, weil diese zu akribisch und detailverliebt arbeiteten.

Tücken

Selbst die Demokratie zeigte ihre Tücken, etwa als die Philharmoniker lieber Werke von Hermann Götz und Ignaz Brüll uraufführten als von Anton Bruckner. Letztendlich führte auch dieser Drang nach Autonomie dazu, dass sich der Verein widerstandslos den nationalsozialistischen Grundsätzen beugte, um seine künstlerische Unabhängigkeit zu retten. Dass das Schicksal der fünf im KZ ermordeten, der zwei in Wien verstorbenen und der neun ins Exil geflohenen Kollegen allzu lange bei den Philharmonikern selbst auf solche Gleichgültigkeit stieß, bleibt ein Dorn im Auge. Paradox ist nicht zuletzt das Verhältnis zur Identität. Einerseits haben sich die Philharmoniker von Anfang an auf die Tradition des sogenannten Wiener Stils berufen, als wäre es ein einheitlicher Begriff. Doch sobald man sich mit dem Begriff "Wiener" auseinandersetzt, fällt auf, wie brüchig dieser ist. Diese vermeintlich aus demselben Dunstkreis stammende Musikergemeinschaft erwies sich in ihrer Geschichte oft genug als ein multi-ethnischer Melting Pot, wo die jüdische, die slawische, die ungarische Komponente, jene vom Balkan, jene aus dem Süden letzten Endes stärker waren als die Germanische im engen Sinne.

Die spektakuläre Öffnung, die die Neuengagements von Orchestermitgliedern in den letzten Jahren kennzeichnete, sollte uns in einer Zeit des wachsenden Protektionismus daran erinnern, dass Diversität und Identität einander nicht ausschließen. Eine schöne Herausforderung.

Der Autor

Christian Merlin ist Germanist, Musikwissenschaftler, Buchautor und Kritiker von "Figaro" und "Diapason".

In diesem Jahr feiern die Wiener Philharmoniker ihren 175. Geburtstag. Allein dieses Jubiläum zeigt, welche brillante Tradition dieses Orchester hat. Ich gratuliere den Wiener Philharmonikern zu diesem Geburtstag aus tiefstem Herzen.

Die Wiener Philharmoniker haben in ihrer Geschichte viele Jahre eine glückliche Zeit verbracht. Man kann sich jedoch auch vorstellen, wie schwierig die Zeit während des Ersten und Zeiten Weltkrieges auch für das Orchester war. Trotzdem brachten die Wiener Philharmoniker immer glänzende Kultur in die ganze Welt.

Überraschung

Nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1956, absolvierten die Wiener Philharmoniker erstmals eine Japan-Tournee. Dieser Besuch in Japan bedeutete eine unglaubliche kulturelle Freude, aber auch eine große Überraschung für die Musikliebhaber in Japan, was man sich heute nicht mehr vorstellen kann. Damals waren nur knapp 40 Mitglieder der Wiener Philharmoniker mit dem Komponisten Paul Hindemith als Dirigent in Japan. Aber schon da hat das Orchester den Japanern den Kern der österreichischen musikalischen Tradition gezeigt. Diese Begeisterung für das Orchester reicht von damals bis in die Gegenwart.

Wenn man japanischen Musikliebhabern die Frage stellt, welches Orchester das beste auf der Welt sei, wird man meistens "Die Wiener Philharmoniker" als Antwort bekommen. So sehr lieben Japaner dieses Orchester. Speziell der Klang, die Phrasierung, das Repertoire bis hin zum Wienerwalzer – darin sehen viele Japaner heute ihre musikalische Heimat. Warum? Das kann niemand beantworten, das muss man einfach so würdigen.

Wenn die Wiener Philharmoniker auf Japan-Tournee sind, gibt es jedoch nicht nur Konzerte, sondern auch verschiedene Veranstaltungen. Die Musiker unterrichten und beraten japanische Studenten, sie halten Vorträge und viele Meetings ab. So wird die Gelegenheit geschaffen, die menschlichen, persönlichen, amikalen Beziehungen zwischen Mitgliedern der Wiener Philharmoniker und ihren japanischen Freunden zu vertiefen.

Freundschaft

Ja, ich glaube wirklich, dass da mittlerweile echte Freundschaften entstanden sind. Man könnte sogar sagen, dass die Wiener Philharmoniker eine wichtige diplomatische Rolle im Ausland haben.

Leider sind die Eintrittskarten für Konzerte der Wiener Philharmoniker sehr teuer, die teuersten kosten 39.000 Yen, das sind etwa 325 Euro. Dennoch sind sie immer sofort ausverkauft. Im Gegenzug freue ich mich aber auch, dass die Wiener Philharmoniker mithelfen, Werte der japanischen Kultur, bis hin zu japanischen Gerichten wie Sushi, Tempura, Teppanyaki, oder auch Zenbuddhismus weltweit bekannt zu machen.

Der Autor

Saburo Nomura ist Musiksoziologe. Er hat bereits zahlreiche Publikationen über die Wiener Philharmoniker veröffentlicht.

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