Wenn die Spagetti nicht mehr schmecken

Was verbirgt sich wohl hinter diesem Schild? 
Wolfram Kautzky geht in seiner Kolumne "Wortklauberei" den Wörtern auf den Grund.
Wolfram Kautzky

Wolfram Kautzky

Was haben die Wörter bedünken, Dampfradio, Haushaltungswesen und Twittergewitter gemeinsam? Sie ahnen es schon: Sie sind in der soeben veröffentlichten 29. Auflage des Rechtschreib-Duden (der KURIER berichtete) nicht mehr enthalten. Die Streichung dieser Wörter ist zwar schmerzlich, aber verkraftbar – sollten Sie das Nomen Dampfradio weiterhin unbedingt verwenden wollen, wird es wohl an der Rechtschreibung nicht scheitern. Eliminiert wurden auch einige missliebige Schreibvarianten wie z. B. Tunfisch oder Spagetti, die nunmehr beide wieder mit -h- geschrieben werden müssen.

Womit wir übrigens wieder dort wären, wo wir vor der letzten großen Rechtschreibreform 1996 waren.

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Umgekehrt erfreut die Duden-Redaktion die recht- und schlechtschreibende Community mit ca. 3000 neu aufgenommenen Begriffen wie Antigenschnelltest, Entlastungspaket, Gaspreisbremse oder Fleischersatz. Wobei bei letzterem Wort das Hinzufügen eines Bindestrichs sehr zu empfehlen ist: Schließlich ist es nicht dasselbe, ob Fleisch ersetzt wird („Fleisch-Ersatz“) oder ein Fleischhauer spricht („Fleischer-Satz“) – z. B. den durchaus nachvollziehbaren Satz „Ich halte nichts von Fleischersatz!“

Ebenfalls nicht im Duden zu finden ist ein Wort, das Ihr Wortklauber unlängst am Bahnhof Velden im schönen Kärnten entdeckt hat. STÖRUNGSRESERVE ist dort auf einem Schild an einer verschlossenen Türe zu lesen. Der Begriff gibt Rätsel auf. Was verbirgt sich hinter dieser Tür: Eine Entgleisungsanlage? Ein Bolzenschneider zur Durchtrennung der Oberleitung? Eine Broschüre, in der die hundert besten Gründe für ÖBB-Störungen aufgelistet sind? Oder fällt Ihnen, geschätzte Leser, eine andere plausible Erklärung ein? (Postskriptum: Vielleicht ist die enigmatische Wortkreation aber auch lediglich dem Umstand geschuldet, dass Velden am Wört(h)ersee liegt.)

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Fundstück der Woche: „Viel zu tun hatten am Mittwoch die Leute des Leonberger Bauhof und der Straßenreinigung. Die Überreste von 30.000 Menschen mussten entfernt werden.“ (Aus der Stuttgarter Zeitung) – Mit deren Hinterlassenschaften hätte die Straßenreinigung vermutlich weniger Arbeit gehabt.

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Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.

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