Tatsächlich zählt das ß, auch scharfes s genannt, zu den eher weniger populären Buchstaben unserer Sprache, und das nicht nur wegen der Ähnlichkeit mit dem b. Zur Erinnerung: Bei der Rechtschreibreform 1996 wurde das ß zwar nicht abgeschafft, aber in seinem Wirkungskreis deutlich beschnitten. Seit damals steht es nur mehr nach langen Vokalen oder Zwielauten (Straße, Gruß, Strauß etc.). In allen anderen Fällen kommt Doppel-s zum Einsatz. (Warum aber der „Insasse“ trotz des langen -a- mit Doppel-s geschrieben wird, konnte Ihrem Wortklauber noch niemand erklären.)
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Die Schweizer verzichten übrigens auf das scharfe s – wohl aus pragmatischen Gründen: Da es im Französischen und Italienischen, zwei weitere Amtssprachen in unserem Nachbarland, das ß nicht gibt, eliminierte man den lästigen Zusatzbuchstaben gleich ganz. Die übrigen deutschsprachigen Länder sind hingegen 2017 einen Schritt in die andere Richtung gegangen. Seit damals wird das scharfe s auch als Großbuchstabe verwendet: Was früher noch die STRASZE war, ist nunmehr die STRAßE.
Passiert die ß-b-Vertauschung bei Wörtern wie „Thaliastrabe“, bleibt sie (sieht man vom Ärger bei Dr. S. ab) meist folgenlos. Nicht so bei anderen Wörtern: Ob ein Elferschütze einen Penalty „vergab“ oder „vergaß“ (und dadurch ein anderer Spieler danebenschießen musste), macht einen nicht unerheblichen Unterschied aus. Auch bei Begriffen wie „Buße“ oder „Scheibe“ sollten Sie sicherheitshalber genau auf die Schreibung achten. – Mit einer spektakulären ß-b-Verwechslung hat kürzlich der österreichische Innenminister bei einer Pressekonferenz den Vogel abgeschossen. Für Extremisten oder Radikale gebe es nur zwei Alternativen: „einsperren oder abschieben“. Wollte er zumindest sagen.
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Fundstück der Woche: „Ein Tritt frei“ (Aushang vor einer Veranstaltungshalle in Gmünd) – Der zweite kostet dann 6,90 €.
Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.
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