Von Kandidaten, Kandelabern und Kängurus

Wolfram Kautzky geht in seiner Kolumne "Wortklauberei" den Wörtern auf den Grund.
Wolfram Kautzky

Wolfram Kautzky

"Wieso werden Bewerber eigentlich ,Kandidaten‘ genannt?", möchte Leserin Dora K. wissen. Solche Anfragen freuen Ihren Wortklauber, weil sie oft erstaunliche Antworten zutage fördern. In diesem Fall führt die Spurensuche zum lateinischen Wort „candidus“ (= weiß). Das war die Farbe der Toga, die im alten Rom jene Männer tragen mussten, die sich um ein öffentliches Amt bewarben. Durch die reinweiße Farbe unterschied sich die „toga candida“ von der Toga der römischen Ritter und Senatoren, die am Rand mit einem purpurroten Streifen verziert war.

Heute treten zwar Kandidaten in der Regel nicht mehr in der Toga auf, aber eine weiße Weste sollten sie trotzdem haben.

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Dieselbe sprachliche Wurzel wie der Kandidat hat übrigens der Kandelaber (= Kerzenleuchter). Die Verwandtschaft der beiden Wörter ergibt sich aus dem beiden Begriffen zugrunde liegenden lateinischen Verbum „candére“ (= glänzen, hell leuchten): Der Kandidat ist hell bekleidet, der Kandelaber leuchtet hell.

Wer nun auch eine Verwandtschaft dieser beiden Wörter mit dem „Kandiszucker“ vermutet, liegt allerdings falsch. Dieser Begriff ist ein klassischer Fall für einen „falschen Freund“: Er hat nichts mit dem ähnlich lautenden lateinischen candidus zu tun, sondern stammt aus dem Arabischen (qandi = gezuckert). Wer also Früchte kandiert, zuckert sie ein.

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Ein Zuckerl für alle Hobby-Etymologen ist die Herkunft des Wortes Känguru (dem man frecherweise bei der Rechtschreibreform 1996 das auslautende -h gekappt hat). Dieser Name soll einer beliebten Anekdote zufolge auf einen Dialog zwischen dem Entdecker James Cook und den australischen Ureinwohnern zurückgehen: Ersterer habe beim Anblick des ihm unbekannten Beuteltieres „Was ist das?“ gefragt. Letztere, des Englischen nicht mächtig, hätten in ihrer Muttersprache „känguru“ geantwortet. Was so viel bedeutet wie „Ich verstehe nicht.“

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Fundstück der Woche: „Der bekannte österreichische Virologe Florian Krammer kehrt zumindest teilweise nach Wien zurück.“ (ORF 2, Wien heute)

Welche Teile von ihm bereits angekommen sind, ist unbekannt.

 

Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.

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