Unter aller Sau

Ihr Wortklauber berichtete vor Kurzem, dass der Thunfisch nun (ebenso wie die Spaghetti) wieder mit -h- geschrieben werden muss. „Warum wieder das unnötige h im thun?“, fragt Leser Bernd S. Schließlich schreibe man im Italienischen tonno ja auch ohne h. Tatsächlich ist auch bei der spanischen (atún), portugiesischen (atum) und der englischen (tuna) Entprechung weit und breit kein -h- zu finden. Daher eine (wissenschaftlich noch nicht vollends untermauerte) Vermutung des Wortklaubers: Vielleicht soll ja die alte und neue Schreibung mit -h- einer möglichen Diskriminierung des Karpfens vorbeugen: Ein Tun-Fisch als agiles, zum Tun aufgelegtes Wesen würde den trägen Karpfen, der tendenziell zum Nichts-Tun neigt, schlecht aussehen lassen (Anm.: Tatsächlich leitet sich der Thunfisch von lat. thynnus ab.).
Ergänzung zu der in der vorigen Woche thematisierten Herabwürdigung des Schweins in der deutschen Sprache: Für die Redewendung „unter aller Sau“ (= etwas ist grottenschlecht) gibt es zwei Erklärungen: Die Sau steht für das Dreckige und Unsaubere – in früheren Zeiten gab es sogar den Brauch, bei Wettkämpfen dem letzten Platz als beschämendes Zeichen der Niederlage eine Sau zu überreichen. Alternativ wird die Redensart aus dem Jiddischen abgeleitet: Das jiddische Wort seo bedeutet „Maßstab“. Wer also „unter aller seo (= sau) ist“, ist unter aller Kritik.
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Dem Vernehmen nach geht ja am kommenden Wochenende der österreichische Wahlkampf zu Ende. Dazu fällt Ihrem Wortklauber der römische Kaiser Caligula (37 – 41) ein. Dieser wollte, schenkt man dem grundsätzlich vertrauenswürdigen Biografen Suetonius Glauben, sein Pferd Incitatus („Heißsporn“) zum Konsul, also Regierungschef, machen. Ob es dazu gekommen ist, verschweigt der Historiker. Fest steht jedenfalls, dass Incitatus jede Menge Mist hinterlassen hätte. Was politikerfahrenen Österreichern zweifellos nicht ganz unbekannt vorkommt.
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Fundstück der Woche: „Kate Winselt in der Rolle der legendären Kriegsberichterstatterin und Fotoreporterin Lee Miller“ (Kurzzusammenfassung des Films „Die Fotografin“ im KURIER). – Kein Wunder, als Kriegsberichterstatterin ist einem sicherlich manchmal zum Heulen zumute.
Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.
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