Über Batzln, Fuzerln und Euzerln
Neulich im Wirtshaus. Das Essen ist vorzüglich, die Stimmung auch. Kurz bevor der Kellner abservieren möchte, amüsiert sich Freund W.: „Immer muss der S. ein Fuzerl überlassen!“ Der so auf sein übrig gelassenes Stück Schweinsbraten angesprochene Dr. S. korrigiert: „Das ist kein Fuzerl, sondern ein Batzerl!“ Und schon ist die Diskussion im Gange: Wann ist etwas ein Batzerl, wann ein Fuzerl?
Nach heftiger Diskussion einigt sich die Runde schließlich so: „Fuzerln“ sind kleine Gegenstände wie Stoffreste oder Papierstreifen, „Batzerln“ dagegen geringfügige Essensreste. (Ergänzung: Dr. S. hat schließlich das letzte Batzerl Schweinsbraten doch noch aufgegessen.)
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Mengen- und Zeitangaben haben im Wienerischen oft etwas Nebuloses an sich. Wer „auf an Hupfer“ vorbeikommt, wird vielleicht „a Wengerl“ sitzen bleiben, bevor er den „braden Heimweg“ antritt und „ums Oaschlecken“ (oder eleganter: „um ein Euzerl“) den Bus verpasst. All diese Maßangaben sind irgendwie unpräzise, aber doch gleichzeitig eindeutig. Am Wort „Euzerl“ scheiden sich freilich die Geister.
Frage 1: Wie schreibt man das eigentlich – Euzerl, Eutzerl, Eizerl, Äutssal?
Was gleich zu Frage 2 führt: Woher kommt dieser Ausdruck? Peter Wehle führt das Wort in seinem Klassiker „Sprechen Sie Wienerisch?“ auf das mittelhochdeutsche „Älzelin“ (= Kleinigkeit) zurück und reiht es folglich unter dem Buchstaben A („Alzerl“) ein. Alternativ wird das Wort von mhd. „Atz“ („Speise“) abgeleitet – ein „Atzerl“ wäre somit ein kleiner Bissen.
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Vom Bissen ist es nicht weit zum „bissl“. Doch Vorsicht: Wie Kabarettist Joesi Prokopetz einmal feststellte, trage „a bissl“ verschiedene Nuancen in sich: Die Feststellung „Du bist a bissl deppert!“ suggeriere noch ein harmloses, fast liebenswertes Irresein des Angesprochenen. Demgegenüber weise der Ausruf „Du bist, mir scheint, a bissl deppert!“ bereits auf einen ernsthaft gestörten Geisteszustand hin. Also passen Sie auf, wen Sie wie anreden – es könnte für Sie ein bisserl ungemütlich werden.
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Fundstück der Woche: „Verantwortungsvoller Fisch bei SPAR“ (Werbung im KURIER). – Vielleicht lässt ja ein verantwortungsvoller Hai den nächsten Surfer aus.
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Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund. Sie lesen hier die 100. Ausgabe seiner beliebten Kolumne über die vielen Fallstricke der deutschen Sprache. Soeben ist im Seifert Verlag ein Buch erschienen, in dem der Autor das Beste aus zwei Jahren „Wortklauberei“ destilliert hat. Insgesamt 50 Kolumnen sind in dieser humorvollen Blütenlese zusammengefasst, ergänzt um ein Vorwort von KURIER-Kulturredakteur und Debattenchef Peter Temel. Am Montag, 25. November, findet die Buchpräsentation bei Thalia Wien – Mitte statt; Landstraßer Hauptstraße 2a/2b, Wien 3; Beginn: 19 Uhr. Einleitende Worte wird KURIER-Herausgeberin Martina Salomon sprechen.
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