Dieb von Pudel festgenommen
vonWolfram Kautzky
Frau Annemarie H. schreibt: Auf ORF.at/stories fand sich am 16. 10. folgender Satz: „Früherer Gitarrist von Ozzy Osbourne angeschossen“, sodass der Eindruck entsteht, Ozzy Osbourne habe Schüsse abgefeuert. Im nächsten Satz stellt sich jedoch heraus, dass Jake E. Lee, ein früherer Gitarrist von Ozzy Osbourne, von mehreren Schüssen getroffen wurde.
Frau H. hat recht, die Formulierung ist missglückt: Hätte der Satz „Ozzy Osbournes früherer Gitarrist wurde angeschossen“ gelautet, hätten wir uns bei der Identität des Angeschossenen ausgekannt.
Dass statt des besitzanzeigenden Genitivs das Vorwort „von“ verwendet wird, ist in der Umgangssprache weit verbreitet („Das ist der Pudel von der Claudia“ statt „Das ist Claudias Pudel“). In der geschriebenen Standardsprache wird der Genitiv bevorzugt, allerdings nicht immer. „Der Konsum harter Drogen“ ist laut Duden gleichwertig mit „der Konsum von harten Drogen“. Handelt es sich um lediglich ein einzelnes Substantiv im Genitiv, ist sogar generell die Variante mit „von“ zu wählen: „Der Konsum von Bier“ findet bei Sprachpolizisten (zumindest sprachlich) mehr Gefallen als „der Konsum des Bieres“. Aber Achtung, zu weit sollte man es mit dem „von“ auch nicht treiben: Formulierungen wie „Dieb von Pudel festgenommen“, „Schnitzel vom Schwein paniert“ oder „Asiatische Pfanne vom Huhn gewürzt“ könnten leicht die falsche Botschaft vermitteln.
„Hier spricht Robert von Carglass“, lässt uns neuerdings eine gehetzt wirkende Stimme in einem Radio-Werbespot wissen. Nach mehrfachem angestrengten Zuhören erkannte Ihr Wortklauber endlich: Hier spricht nicht ein Adeliger aus unserem Nachbarland zu uns (in Deutschland sind bekanntlich die Adelstitel, im Gegensatz zu Österreich, nicht abgeschafft). Nein, Herr Robert bewirbt ein Unternehmen, das sich mit der Reparatur von Autoscheiben befasst. Vielleicht sollten nicht nur die Windschutzscheiben, sondern auch der Werbespot repariert werden.
Fundstück der Woche: „Polizist rettet sich mit Sprung vor Auto“ (KURIER, 29. 9.). – Was lernen wir daraus: Wer vor ein Auto hüpft, ist gerettet. Vielleicht.
Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.
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