Spitz-Findiges

Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.
Wolfram Kautzky

Wolfram Kautzky

Gern schwärmt Ihr Wortklauber in die Wachau aus (wo er wegen der Annehmlichkeiten, die das Donautal zu bieten hat, regelmäßig ins Schwärmen gerät). Kürzlich verschlug es ihn in die hübsche Marktgemeinde Spitz. Was ihn sofort zur Frage führte: Warum heißt Spitz Spitz?

Berühmt ist die Marktgemeinde ja vor allem für den Wein, der dort angebaut wird. Ist der Name etwa auf die hohe Wahrscheinlichkeit zurückzuführen, dass die Besucher von dort mit einem Spitz (= leichten Rausch) nach Hause fahren? Eine verlockende These, die leider keiner wissenschaftlichen Überprüfung standhält.

Plausibler erscheint da schon die Erklärung, die man bei einer Wanderung durch die Spitzer Weinberge auf einer Schautafel vorfindet: Einst führte durch den Spitzer Graben Richtung Waldviertel eine wichtige Handelsstraße, die mittels Feuerzeichen überwacht wurde. Die Posten befanden sich an aussichtsreichen Orten, von denen man gut „ausspähen“ (lat. spícere) konnte. Fazit: Spitz lässt sich lateinisch als „Ausspähpunkt“ deuten (womit die Wachau als eine „Wach-Au“ im wahrsten Sinn des Wortes interpretiert werden könnte).

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Sollten Sie Erklärungen wie diese als Spitzfindigkeit abtun: Dieser Begriff verdankt, im Gegensatz zum Wachauer Heurigenort, seinen Namen tatsächlich dem deutschen Wort „spitz“, also scharf. Denn: Wer spitzfindig ist, denkt scharf (auch wenn er den anderen dabei auf die Nerven geht).

Der vierbeinige Spitz ist nach seiner spitzen Schnauze bzw. den spitzen Ohren benannt, während der Spitzel (= Spion) jemand ist, der die Ohren „spitzt“. Dass manchmal eine Abwertung mitschwingen kann, zeigen Beispiele wie „Spitzname“ (= scherzhafter, spottender Name) oder „Spitzbub“ (= scharfsinninger, gerissener junger Mann). Schade nur, dass das Wort „spitze“, also großartig, ein Auslaufmodell ist – auf den Wörterfriedhof befördert durch das öde Universalwort „geil“. Aber das haben Sie sicher schon selbst spitzgekriegt.

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Fundstück der Woche: „Gebackener weiser Spargel“ (Schild vor einem Wiener Gasthaus) – Eines Tages wird der Spargel noch in einem Atemzug mit Platon, Hegel und Kant genannt werden.

Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.

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