Der poetische Höhenflug entstammt der Edelfeder der „Rosamunde Pilcher des Schlagers“, wie Irma Holder einmal von Sänger Patrick Lindner genannt wurde. Doch wie sind eigentlich die beiden letzten Sätze zu interpretieren? Folgt auf „Hab so oft mit dir gelacht“ ein Beistrich, dürfte es sich beim danach angesprochenen „tun“ um das Lachen handeln. Im Falle eines Punktes eher um was anderes.
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Einen Pulitzerpreis-verdächtigen Text brachte 1994 auch Marius Müller-Westernhagen unters Volk, wobei er immerhin ein goldenes Händchen fürs Reimen bewies: „Ihr Name war Carmelita / Sie war die Schönste im Ort / Sie brachte Lahme zum Gehen / In ihrem 50er Ford“. Und Sarah Connor zeigte 2021, dass Sie feines Gespür für Metaphern besitzt, wie der Textzeile „Du bist das Licht in meiner Wunde“ zu entnehmen ist. Beispiele wie diese sammelte der deutsche Musikjournalist Michael Behrendt für sein Buch „Mein Herz hat Sonnenbrand“. Einen Ehrenplatz darin hat auch Xavier Naidoo, der in seinem Lied „Anmut“ Unmut bei Grammatikern erzeugt: „Bei dem, was du erlebt hast, ist es wundersam, wie jung du bist / Ich ahnte nicht, dass dein Gesicht / Mehr Eindruck auf mich macht als das Taj Mahal auf einen Tourist.“
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Da lobt man sich doch Lieder wie den Seiler & Speer-Song „Ham kummst“ (Lieblingszeile: „Tatütata, wos wü der Pücha da?“). Den findet man auf Youtube übrigens auch in einer lateinischen Coverversion („Redis“). Die Charts hat er allerdings nicht gestürmt – nicht einmal in Lateinamerika.
Fundstück der Woche: „10.30–18 Uhr: Gottesdienst mit der evangelischen Gemeinde und frisch geräucherten Forellen“ (Aus dem Reutlinger Pfarrblatt) – Vielleicht sprechen die Forellen ja ein paar Fürbitten oder schwingen das Weihrauchfass.
Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.
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