Wohltäter und Unsympathler
In Döbling hat nun ein Einfamilienhaus um 11,5 Millionen Euro den Besitzer gewechselt. Wir wissen ja nicht, wie dieses derzeit teuerste Einfamilienhaus Österreichs aussieht. Ob es zur Post von Leser K. passt? Unlängst war an dieser Stelle von Häusern mit Charakter zu lesen. Herr K. schrieb daraufhin von „Millionenschachteln“ in besten Wienerwald-Lagen und meinte, diese seien vor allem mit Status, aber selten mit Charakter ausgestattet.
Anlass für die Frage nach Häusern mit Charakter war die erfreuliche Tatsache, dass die seit Jahren vor sich hingammelnde Bujatti-Villa in Penzing nun offenbar hergerichtet wird. Und das in einer Gegend, wo viel gebaut wird, das zwar ziemlich charakterlos ist, dafür aber das Attribut „Luxus“ mit sich führen darf. Leser K. sagt: „Penzinger Wienerwaldlagen haben längst mehr Status als Althietzinger Villenviertel!“ Falls jemand fragt: Das Redaktionskomitee der Wiener Ansichten zöge im Zweifel eine Althietzinger Villa dem Luxus-Einheitsbrei vor, Wienerwaldlage hin oder her.
Besagte Bujatti-Villa wurde übrigens einst im Auftrag eines als „Wohltäter von Hütteldorf“ bekannten Fabrikanten erbaut. Und das führt uns zum legendären Unsympathler Johann Karl von Sothen. Auch er, Trafikant, Lotteriebesitzer und späterer Eigentümer des Cobenzl sowie des Krapfenwaldbades, gab sich als Wohltäter aus. Tatsächlich soll er ein Leuteschinder gewesen sein. Sein unguter Lebenswandel bewahrte ihn zwar nicht vor der Großen goldenen Medaille für Wissenschaft und Kunst, doch soll kurz nach seiner Beerdigung folgende Unfreundlichkeit auf seine Grabkapelle gekritzelt worden sein: „Hier, in dieser schönen Gruft, liegt der allergrößte Schuft“.
Der scheinheilige Geizhals, dessen Begräbnis nach seiner Ermordung ein Volksfest gewesen sein muss, inspirierte nun die Autorin Bettina Balàka zu ihrem Roman „Die Tauben von Brünn“. Danke an Leserin Brigitte L. für diesen wunderbaren Buchtipp! Jetzt fehlt nur noch, dass auch das Cobenzl-Schloss, das derzeit umgebaut wird, etwas Charakter bekommt.
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