Wohin mit der ganzen Kohle?
Lobautunnel, einmal geht’s noch. Unter dem Alberner Hafen, knapp vorbei am Friedhof der Namenlosen, hätte er beginnen sollen. Die älteren Mitglieder des Redaktionskomitees waren Mitte der 90er dort auf Reportage. Ein rühriger Friedhofswärter namens Johann Fuchs zeigte uns die Gräber der namenlos Bestatteten, der Ertrunkenen, der freiwillig aus dem Leben Geschiedenen. Tröstlich, dass Herr Fuchs für die Unglücklichen da war.
Vom stillen Friedhof zum so gut wie begrabenen Projekt – eine banale Pointe. Daher ein Wort zur noch recht lebendigen Straße, die führende Köpfe der selbst ernannten Umweltmusterstadt Wien Stadtstraße nennen, vielleicht, weil das so urban und gar nicht nach vier Spuren klingt. Ohne sie, so die finstere Prognose, würde „leistbares und klimafreundliches Wohnen für 60.000 Menschen verhindert“. Da werden die Projekt-Gegner bestimmt ein schlechtes Gewissen bekommen und vergessen, dass man ihnen Anwaltsbriefe geschickt hat und Unbekannte ihr Camp abgefackelt haben.
Die Stadtstraße könnte zudem mit Retrocharme punkten, denn es hat in der Donaustadt Tradition, aufs Auto zu setzen. Mangels Alternativen. Die U1 endete 1978 in Kagran, wer weiter draußen wohnte, etwa die 8.000 Einwohner der zur selben Zeit errichteten Rennbahn-Siedlung, musste mit einer Bim auskommen. Aber ob die Verkehrsinfrastruktur gut oder schlecht ist, ist für viele Neubauten, die jetzt im 22. entstehen, eh wurscht, denn sie stehen leer. Anlegerwohnungen boomen, dank Niedrigzinspolitik der EU. Selbst eine unvermietete Wohnung bringt mehr Ertrag als ein Sparkonto.
Für unsereins kaum vorstellbar, gibt’s tatsächlich Leute, die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld. Neben Anlegerwohnungen sollen auch Edelsteine boomen. Was man damit macht? Unlängst las ich, manche Leute würden ihre Steine im Garten vergraben.
Neidig? Naja. Wer sein Vermögen im Garten vergräbt oder in eine leer stehende Wohnung investiert, könnte bei einem Spaziergang auf dem Friedhof der Namenlosen über Existenz und Endlichkeit nachdenken.
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