Wiens wichtigste Reiseführer

Das sechstgrößte Straßenbahnnetz der Welt kann einen guten Wegweiser vertragen.
Barbara Beer

Barbara Beer

Vor zehn Jahren war an dieser Stelle ein Artikel mit folgendem Titel zu lesen: Von Würstelstand bis Wasserturm. Inhalt: Das Ende der Rund-um-den-Ring-Fahrt der Tramway-Linie eins und deren neue Route in den Zehnten.

Der Einser bot aufgrund seiner Streckenführung bis Ende 2008 die Möglichkeit einer kostengünstigen Stadtrundfahrt, bei der man einige der wichtigsten Touristenattraktionen quasi in Endlosschleife besichtigen konnte. Die nunmehrige Route der ehemaligen Touristen-Bim widmet sich, neben Schlagern wie Rathaus, Parlament und Oper, bescheideneren Attraktivitäten – vom Würstelstand bei der Spenadlwiese im Prater bis zum Wasserturm in Favoriten.

Bei Beppo Beyerl und Thomas Hofmann liest sich die Einser-Strecke poetischer: „Von den blühenden Blumen im Prater bis zum Blick auf die Rax.“ So was kann nur Menschen mit echter Liebe zum beschriebenen Objekt einfallen. Und tatsächlich bieten die Autoren Beyerl und Hofmann mit ihrem Tramway-Reiseführer „Wien entdecken mit der Bim“ einen versierten, zugleich passionierten und detailverliebten Wegweiser durch das 172 Kilometer lange Wiener Straßenbahnnetz. Doch es handelt sich hierbei keineswegs um Special-Interest-Material für Tramway-Freaks, sondern um eine vergnügliche Liebeserklärung an die kleineren Sehenswürdigkeiten der Stadt: Etwa die „enge Rechtskurve des 25ers“ vor dem „heftig pulsierenden Kommunikationszentrum“ namens Zentrum Kagran. Auch so kann man einen mitunter anstrengenden Verkehrsknotenpunkt beschreiben.

Apropos: Leser O. merkte zur Kolumne der Vorwoche an, dass der ebendort gescholtene Matzleinsdorfer Platz nicht nur wenig ansehnlich, sondern trotz mehr als zehn Bus-, Bahn- und Bim Umsteigemöglichkeiten WC-los sei. Unlängst habe er einem dementsprechend bedürftigen Japaner (als wäre die Lage als Tourist am Matzleinsdorfer Platz nicht schon verzweifelt genug!) geholfen und ihm ein Klo am nahen Friedhof empfohlen. Sie ahnen es: Ein einschlägiger Stadtführer drängt sich nach dem Tramway-Wegweiser förmlich auf.

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