Glasweise Ramsch: Warum gibt es so selten guten offenen Wein?

Viele Restaurant-Chefs empfinden Gäste, die nur ein, zwei Gläser trinken möchten, als Zumutung.
Christina  Fieber

Christina Fieber

Es ist lieb, dass die Österreich Wein Marketing in den USA eine „By-the-glass“ Kampagne startet, um dort den glasweisen Verkauf heimischer Weine zu pushen. Könnte man die Aktion bitte auch daheim andenken? Wir hätten es nämlich bitter nötig. Was hierzulande oft offen ausgeschenkt wird, ist erbärmlich. Lediglich eine Minderheit motivierter Gastronomen findet es angemessen, Weine glasweise anzubieten, die diese Bezeichnung auch verdienen.

Im günstigsten Fall sorgt ein Sommelier für eine Weinbegleitung, bei der man die Ohren anlegt. Der perfekte Wein zum Menü ist ein so beglückendes Erlebnis und hat mit der jeder Sinnlichkeit entbehrenden Bezeichnung „Speisenbegleitung“ nichts gemein. Der Rest empfinden Gäste, die nur ein, zwei Gläser trinken möchten, wohl als Zumutung.

Niemand will die öden Tropfen

Selbst Lokale mit passabler Flaschenweinauswahl servieren im Glas oft Ramsch. Nicht selten ist das, was man vorgesetzt bekommt, auch noch seit gefühlt 52 Wochen ungekühlt offen. Kein Wunder, wenn man die ödesten Tropfen anbietet, bestellt sie auch niemand.

Die Existenz so genannter Weinkonservierer hat sich unter Umständen auch in der Gastronomie schon herumgesprochen. Die Flasche wird dabei nicht entkorkt – nur eine Nadel dringt durch den Verschluss, die gewünschte Menge wird entnommen, die Flasche mit dem Edelgas Argon aufgefüllt. Der Rest hält Monate. Ein Zeitrahmen, der es selbst dem unwilligsten Wirt ermöglichen sollte, ordentlichen Wein glasweise ohne finanzielle Einbußen anzubieten.

flaschenpost@kurier.at

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.

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