Die Nachbarschaft am Wiener Stadtrand gibt viele Rätsel auf
Mann, Hund und ich versuchen zurzeit herauszufinden, wie unser zukünftiges Leben am Stadtrand sein wird. Bisher kennen wir nur Innenstadt beziehungsweise Dorf.
Jeder Besuch der Baustelle fühlt sich an wie die Erkundung eines neuen Planeten. Flora und Fauna erstaunen uns: Hier gibt es Feigenbäume und Wildtierspuren! Nun versuchen wir, mit den Einheimischen Kontakt aufzunehmen. Für mich Dorfkind sind Nachbarn wie Verwandte – man hilft einander und trinkt regelmäßig einen Spritzer. Für meinen Cityboy bedeutet gute Nachbarschaft hingegen, einander vor dem Aufzug zu grüßen. Wie Nachbarschaft am Stadtrand funktioniert, müssen wir noch herausfinden. Zumindest wurde unsere Existenz bereits registriert. Vorbeifahrende Autos werden langsamer, wenn wir auf der Baustelle sind. Spaziergänger bleiben stehen, telefonieren, binden sich die nicht zu bindenden Schuhe. Doch spreche ich sie an, laufen sie davon.
Der Nachbar gegenüber postiert sich gerne in jener Ecke seines Innenhofs, von der aus er zwischen den Vorgarten-Büschen hindurch in unser Wohnzimmer schauen kann. Ich deutete das als Interesse an einer Kontaktaufnahme, öffnete das Fenster, woraufhin er mir zurief: „Was ham S’ zahlt für de Hüttn?“ Als ich antwortete, darüber nicht sprechen zu wollen, verschwand er.
Zumindest unser Hund hat einen „Freund“ gefunden. Der Labrador von rechts nagte über Tage hinweg ein kleines Loch in unseren Zaun, durch das er nun seinen Kopf steckt, sobald Signorino Hündchen im Garten ist. Der gräbt dann jenen Knochen aus, den wir ihm zum Einstand schenkten, postiert sich im Sichtfeld des Labradors und kaut daran, vom Nachbarshund sehnsüchtig angeschmachtet.
Das erinnert mich an Youtuber, die ihren Lebensunterhalt damit verdienen, sich beim Essen zu filmen. Ein Geschäftsmodell, das mir mindestens so viele Rätsel aufgibt wie Nachbarschaft am Stadtrand.
Kommentare