Unglück im Glück

Unglück im Glück
Nadja Maleh beantwortet die Frage, ob man überhaupt happy sein darf.

Es ist 19:42 und ich sitze auf meiner Terrasse. Die Vögel zwitschern (fast schon aufdringlich, meine Güte, wie gut kann man drauf sein!), die letzten Sonnenstrahlen erhellen den klaren Himmel und irgendwie ist alles grad ziemlich ok. Ich nehme einen Schluck Kaffee und kann mir gar nicht vorstellen, wie blöd die Welt da draußen mitunter sein kann. Ooom, mein kleines feines Leben. Obszöne Politikerchats? Gender-Pay-Gap? Comeback von schiachen 80-er Jahre Frisuren? Bitte nicht jetzt. Bitte eine kleine Pause. Jetzt gerade nur Terrassenfrieden. Und eine köstliche Schokopraline. Das auch noch, also jetzt übertreibt sie’s wirklich, die Maleh! Mich überkommt ein schlechtes Gewissen: Darf man das überhaupt, einfach happy herumsitzen? Heißt es dann nicht: Und was ist mit den Unglücklichen, du Ego-Funsn?! Während ich eine gescheite Antwort auf diese dramatische Frage suche, landet eine Hummel auf meinem Mac und holt mich freundlicherweise vom problematischen Gedankenwälzen ins glückliche Hier und Jetzt zurück. Wussten Sie, dass Hummeln rückwärts fliegen können? Aber, dass sie nach den Gesetzen der Aerodynamik eigentlich gar nicht fliegen könnten, ist eine populäre Legende. Da hat sich in den 1930-er Jahren jemand einfach verrechnet, und heute erzählt man sich diese Parabel immer noch. Weil sie motiviert, mutig über sich selbst hinauszuwachsen! Die Überwindung von Unglück liegt in der menschlichen Natur. (Ok, Furzen auch, aber das interessiert uns hier nicht.) Muss man glücklich sein? Nein. Will man unglücklich sein. Auch nein. Also was jetzt? „Ob wir uns elend oder glücklich fühlen – der Arbeitsaufwand ist derselbe!“, für diesen genialen Satz möchte ich Francesca Reigler feiern! Inzwischen ist es dunkel, ich nehme eine Schluck Kaffee und bin immer noch glücklich. Einfach so.

Kommentare