"ÜberLeben": Wir würden das Mammut nicht mehr kriegen

Sprache dient nicht mehr zur Verständigung, sondern zum Kriegführen.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Sprache wurde erfunden, damit sich Menschen besser verständigen können. Es ist auf Dauer nämlich mühsam, komplexe Inhalte wie „Ich hab die Spur eines dicken Mammuts gefunden, wenn wir uns alle zusammentun und eine Mammutfalle bauen, dann hat der Stamm bis ins Jahr 2024 genug zu essen“ oder „Der Klimawandel ist eine ungute Sache, wir sollten uns eine Strategie überlegen, unsere -Emissionen zu reduzieren, sonst können wir uns den Skiurlaub nämlich pinseln“ durch Gesten, Tänze  oder Zeichnungen an der Höhlenwand auszudrücken.

Aber damit beginnen die Schwierigkeiten schon. Sprache kann man nämlich auch dazu verwenden, etwas anderes auszudrücken, als man sagt. Beispiel: Der bei uns beliebte Dialog „Und?“ – „Eh.“ – Ah, eh!“ – „Söba?“ – Eh a eh.“ – „Ah eh a eh.“ Das heißt auf den ersten Blick: Wie geht es dir? – Danke gut. – Erfreulich, das zu hören! – Und wie geht es dir? – Danke, auch gut. – Auch mich erfreut es, dies zu vernehmen!

Es kann aber auch etwas ganz anderes ausdrücken. Nämlich: Es ist mir völlig wurscht, wie es dir geht, aber ich frage höflichkeitshalber. – Mir geht es beschissen, aber das geht dich nichts an. Ich hoffe, dir geht es auch beschissen. – Schön, dass es uns beiden beschissen geht.

In Österreich kommen auch noch besondere sprachliche Figuren hinzu, wie die Litotes und die doppelte Verneinung. „Des is ka Schiache ned“ heißt nicht, dass sie hässlich ist, es heißt auch nicht, dass sie halt nicht hässlich ist, sondern: Sie ist sehr attraktiv.

Derzeit passiert etwas besonders Merkwürdiges: Sprache dient nicht mehr zur Verständigung, sondern zum Nachweis einer sich selbst attestierten moralischen Überlegenheit im Sinne der politischen Korrektheit – oder als Ausweis von besonderes kühler Lässigkeit durch Ignorieren des als korrekt Vorgeschriebenen.

Die Vermutung sei gewagt: Wir würden es heute nicht mehr schaffen, gemeinsam ein Mammut zu erlegen.

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