"ÜberLeben": Tennis im Gemischtwarenladen

In Osttirol: I bin lei so a Kuah, leckschmiamorrrsch.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Einmal fuhr ich mit dem Zug von Villach nach Wien, als die Durchsage kam: „Werde Fohrgäsde, mia errei’hen in Gürze Songd Veidh on da Glaan.“ Seitdem liebe ich Kärntnerisch. Kärntnerisch klingt immer wie ein Lied, auch wenn niemand singt. Kärntner singen aber nur sehr selten nicht. Ich liebe aber auch Tirolerisch. Mit seinen wild über die Sätze gestreuten Kch- und Sch-Lauten hört es sich an wie eine Mischung aus Holländisch, Portugiesisch und einer Kehlkopfentzündung.

Jetzt bin ich in Osttirol auf Urlaub  und damit im phonetischen Gemischtwarenladen. Es gibt die weichen Laute des Kärntnerischen und gleichzeitig die scharfen Fehlzündungen der Konsonanten, die verdunkelten O’s und die rollenden R’s und dazu ganz viel hasch und muasch und bisch. Ich könnte den ganzen Tag Osttirolerisch hören, es ist eine tolle Musik.

Unser Lieblingsplatz in Osttirol ist der Tennisclub Lienz. Wir spielen dort jeden Tag eine Stunde, trinken danach auf der Terrasse einen Radler oder drei und essen Spaghetti Bolognese, die tatsächlich besser schmecken als in jedem Restaurant (eine Prise Zimt würde sie noch besser machen, aber dann wäre es kaum auszuhalten). Und alle Menschen dort sind höflich und nett.

Wir schauen bei den Stadtmeisterschaften zu, ein junger Lockenträger drischt seine Aufschläge so hart ins Feld, dass der Platz Dellen bekommt. Dann haut er einen leichten Ball ins Out und schreit: „I bin lei so a Kuah, leckschmiamorrrsch.“

Tennisplätze erinnern mich an meine Kindheit (mein Vater war Tennistrainer), die Garderoben riechen überall auf der Welt gleich, und die Sechzigjährigen sind überall die besten Spieler. Schweigend und stoisch schlurfen sie über den Platz, schieben die Bälle so lange nach links und nach rechts, bis die verzweifelt von A nach B laufenden Gegner vor Erschöpfung umfallen.

Später springen wir in den Tristachersee und lassen uns treiben.

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