"ÜberLeben": Fußball und mein erster Fernseher

So viel Spaß machte Fernsehen später nie wieder.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Sie haben heute einen entscheidenden Vorteil: Sie wissen bereits, was ich bei Redaktionsschluss nur ahnen kann. Ob Österreichs Nationalmannschaft noch dabei ist bei der EM, oder ob sich der heimische Fußballfan bereits auf Europa-League-Qualifikationsspiele zwischen, sagen wir, RZ Pellets WAC Wolfsberg und Bluzigursk Nschtniöl, den Drittplatzierten der turkmenischen Meisterschaft, konzentrieren muss.

Ich gestehe ja: Mir ist es wurscht. Ich liebe es, Fußball zu sehen, mir ist allerdings nicht wichtig, wer gewinnt. Hauptsache, ich erlebe tolle Spiele mit vielen Toren, ungerechten Ausschlüssen, umstrittenen Abseitsentscheidungen und im Idealfall einem Elfmeterschießen, das 45 zu 44 ausgeht.

Fußball-Weltmeisterschaften und -Europameisterschaften versetzen mich gnadenlos zurück in die Kindheit. Dann ist es wieder 1978, ich bin wieder zehn Jahre alt und bekomme meinen ersten eigenen Fernseher geschenkt. Mein Vater meinte damals, ich sei jetzt alt genug, um gegen zwei Uhr früh in meinem Kinderzimmer Übertragungen aus Argentinien anzuschauen, wenn es mir schon nicht auszureden wäre.

Der Fernseher war ein kleiner Würfel, grellorange (es waren die Siebzigerjahre!), man musste die Antenne in einem ganz bestimmten Winkel verbiegen und an zwei Reglern drehen, dann hatte man, bei gutem Wind aus der Richtung des Anninger, eine Chance, ein halbwegs unverschneites Bild reinzubekommen, schwarz-weiß, naturgemäß.

Ich weiß noch, wie ich mich fühlte, als ich diesen Fernseher bekam: Erwachsen. Selbstständig. Verbunden mit der ganzen Welt. Es gab damals nur zwei Sender –  und FS2 kam nur rein, wenn die Windrichtung stimmte. Aber ich sah mir damals alles an, von Russischkurs über die unfassbar fade Sendung „Wir“ bis zur Bundeshymne, die das Programm gegen Mitternacht beschloss, ehe das Fernsehen schlafen ging.

So viel Spaß machte Fernsehen später nie wieder.

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