Wie man der Welt auf Augenhöhe begegnet

Axel Halbhuber über Helmut Kutin, über Freundschaft und die Begegnung mit anderen Menschen und Kulturen auf Augenhöhe.

Diese Woche ist Helmut Kutin gestorben. Über die Bedeutung dieses Menschen, der Hermann Gmeiners Ziehsohn und später 27 Jahre lang sein Nachfolger als SOS Kinderdorf-Präsident war, lesen Sie im KURIER. Ich selbst habe viel von ihm darüber gelernt, wie man die Welt sehen kann. Ich durfte Helmuts Biografie schreiben – sein unglaubliches Leben, seine zerstörte Kindheit, seinen unerschütterlichen Glauben an die Menschheit und seine sture Art, die Welt ein Stück besser zu machen (ohne dabei gefühlsduselig zu sein) durfte ich in einen Roman verpacken („Wie aus einer zerstörten Kindheit ein gutes Leben wurde“, Metro Verlag). Dafür waren wir beide wochenlang in Vietnam unterwegs, das ihm zur Wahlheimat geworden war.

Wenn man mit einem, der auf der Welt lebt, durch die Welt reist, sieht man sie anders – davon kann der Reisende lernen. Wir richten als herumfahrende Touristen den Blick immer auf den Höhepunkt, wir laufen von den Sightseeing-To-dos zu den Geheimtipps. Dabei vergessen wir oft, dem Charakter und der Seele eines Landes auf den Grund zu gehen. Wie das geht? Gar nicht schwierig, man muss nur auch einmal die Füße still halten können. Mit Helmut ging das einfach. Schnell saß man mit ihm bei der Einladung zu einem Privatessen in einer Familie und schaute zu, wie die Kinder irgendeine kleine Show zum Besten gaben – er war für diese Familien wie ein Großvater. Da wurde gelacht, da wurde geredet.

Da wurde all das getan, was Menschen miteinander tun – wenn sie nicht gerade Checklisten abarbeiten. So tief kommt man als Reisender nur selten an die Menschen. Aber man kann es versuchen. Wenn man sich in ihren Alltag begibt. Etwa, wenn man sich bei irgendeinem Sportevent (schmucklose Drittligaspiele auf dem Fußballplatz, der zufällig neben dem Hotel liegt) oder lokalen Kirtag (irgendwas wird immer gerade gefeiert) herumtreibt. Wenn man sich einfach still während einer Messe in die Kirche setzt oder zum Friseur geht.

Man muss dafür weder Fußballfan sein noch die Bedeutung des Festes verstehen, weder dieser Religion angehören noch sich eine tolle Frisur erwarten. Es geht nur darum, mit den Menschen auf Augenhöhe zu sein.

Niemand konnte das besser als Helmut.

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