Wie man als Wiener den Urlaub überlebt
In der kommenden Woche entdecken wir bei der Koffersuche wieder unsere Keller, fragen uns, wann das Strandoutfit eingegangen ist, und plagen uns mit Bedienungsanleitungen für Alarmanlage, Bewässerungssystem oder Zeltaufbau. Soll alles sein, das Ziel ist vor Augen, die Karotte vor der Nase: In einer Woche beginnt nach dem meteorologischen und dem kalendarischen auch endlich der schulische Sommer, und der zählt noch immer am meisten.
Jedes Jahr ist dabei verstörend, dass die mittelwestlichen und westlichen Bundesländer noch eine Woche im Nichtsommermodus herumturnen müssen, sie können einem leidtun. Gefühlt haben Wien und der Osten dadurch eine Woche länger Sommer, denn die eine Woche dann im beginnenden Herbst nachzufeiern, ist ein schwacher Trost. Da versteht man dann auch besser, dass immer alle böse auf die Wiener sind. Dass das genau vor dem Ferienbeginn so hochkommt, ist natürlich doof. Den ganzen Sommer über hat Restösterreich dann die Minigolf-spielenden, Coup-Dänemark-löffelnden und Sich-mit-nach-Kokos-riechender-Sonnencreme-einschmierenden Bundeshauptstädter vor sich, da schau, die haben sogar eine Woche früher Ferien, ja, die können es sich ja richten, die Großkopferten. Das treibt naturgemäß einen Keil in die gesamtösterreichische Seele, die ja in föderalem Ausgleich ansonsten bestens funktioniert, wie wir gerade wieder gesehen haben.
Was kann der Wiener nun tun, um nicht immer so furchtbar unangenehm aufzufallen?
Der Verdacht liegt nahe, dass er (oder auch sie, die Wienerin) sich assimiliert. Anpassung ist in Migrationsfragen ja das Wort der Stunde, das könnte also auch für die temporäre Urlaubsmigration gelten. Aber so sehr manche der ländlichen Teile Österreichs für eine ordentliche Anpassung votieren, mögen sie das von den Wienern gar nicht so gerne – kopieren Sie mal den lokalen Dialekt oder werfen sich in Trachtenschale. Schau da den an!
Da ist wahrscheinlich sogar besser, irgendeinen bundesdeutschen Akzent zu kopieren, das wird zwar auch belächelt, aber eher akzeptiert.
Der beste Weg ist wenig überraschend: Respekt. Und sich mal in Ruhe anzuhören, wie andere Menschen so die Welt sehen. Denn auch dafür ist Urlaub da.
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