Traue niemals einer schönen Torte

Man kennt dieses Phänomen vor allem von Hochzeiten, die namensgleiche Torte wird da stets mit einem Tamtam präsentiert, ist aber eigentlich immer eine Enttäuschung.
Axel Halbhuber

Axel Halbhuber

Den meisten Gerichten sieht man ja an, ob sie denn auch schmecken. Es besteht, um es ein bisschen wissenschaftlich klingen zu lassen, beim Essen fast immer eine Korrelation zwischen Aussehen und Geschmack. Es gibt zum Beispiel kein widerlich scheinendes Schnitzel, das aber überraschend gut schmeckt. Ebenso wenig ist sichtlich trockenes Fleisch plötzlich saftig, eine gatschige Pasta plötzlich al dente oder ein wässriger Gemüseeintopf plötzlich eine aromatische Offenbarung.

Nur bei Torten ist das anders. Oder allgemeiner: bei Backwaren.

Da ist man sogar geneigt, von der Gegen-Korrelation auszugehen: Besonders schöne Kuchenwerke bestehen oft aus fettigen Glasuren mit uninteressiert wirkenden Füllungen. Man kennt dieses Phänomen vor allem von Hochzeiten, die namensgleiche Torte wird da stets mit einem Tamtam präsentiert, ist aber eigentlich immer eine Enttäuschung. Ich bringe deswegen mittlerweile auf Hochzeiten eine eigene Nachspeise mit, ein Sackerl Dragee Keksi lässt sich im Anzug verstauen und ist das perfekte Notdessert. Nicht selten schnorren mich sogar beobachtende Mitgäste um das eine oder andere (ich gebe eh nur die dunklen her) Keksi an. Ich würde noch nicht so weit gehen, mich einen Dragee-Keksi-Dealer zu nennen, aber Brautleute beginnen mir zu misstrauen.

Umgekehrt stellen Menschen als süßen Abschluss gelegentlich eine Torten-/Kuchen-Installation auf den Tisch, bei der man nicht genau weiß, was man ihnen angetan hat. Oft lassen sich diese optischen Katastrophen gar nicht schneiden, sondern nur mit dem Löffel quasiportioniert auf den eigenen Teller hieven. Aber dann nimmt man den ersten Bissen (respektive: schlürft ihn) und alles ist wieder gut. Geschmack ohne Erwartungshaltung, ein wunderbares Erlebnis.

Warum ich das erzähle? Meine Freundin hatte diese Woche Geburtstag und weil ihr Name aus vier Buchstaben besteht, also eigentlich aus zwei mal zwei gleichen, habe ich eine Namenstorte zurechtgeschnitten, glasiert und bunt verziert. Man attestierte diesem Werk, das ich natürlich auch auf Facebook präsentierte, ein sehr hohes Maß an Kunsthaftigkeit, ich erntete Bewunderung.

Außer von jenen, die davon aßen.

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