Über den Tellerrand: Die Angst davor, Fragen zu stellen

Wenn man nichts tun kann, dann verpflichtet uns die Demut zumindest zum freundlichen, wohlwollenden und differenzierten Diskurs.
Axel Halbhuber

Axel Halbhuber

Je schwerer es einem die Welt macht, das Fröhliche in ihr zu sehen, umso mehr hilft der Blick auf das eigene Glück. Die Demut, wie gut man es selbst hat, ist dabei mehr als Baldrian, der uns nur beruhigt. Sie ist auch ein Auftrag, etwas für andere zu tun – im engsten Umfeld, im eigenen Land, aber schlussendlich auf der ganzen Welt. Wenn man nichts tun kann – denn man kann schlicht nicht das Unheil auf der ganzen Welt von daheim aus retten –, dann verpflichtet uns diese Demut zumindest zum freundlichen, wohlwollenden und differenzierten Diskurs.
Aktuell: Ich kann weder das Leid von Angehörigen der israelischen Terroropfer nehmen noch jenes von palästinensischen Zivilisten im Gazastreifen. Aber ich kann mich entscheiden, nicht in die Lautheit der Grobiane einzustimmen, die durch Social Media pflügen und immer eine schnelle Antwort haben, aber leider nie Fragen stellen.

Diese Möglichkeit steht einem auch beim Reisen immer zur Verfügung. Und man muss davon Gebrauch machen, denn es ist doch so: Kaum verlässt ein mittelständischer Mitteleuropäer die Haustüre, ist er ein Privilegierter. Schon in der eigenen Stadt, aber besonders auf der Welt. Fast überall, wo wir hinreisen, sind Menschen ärmer. Wir können das fast nie ändern. Aber wir sollten keine grobe Meinung rausbrüllen, sondern nachfragen und vielleicht sogar empathisch sein. Das geht immer.
Jüngst wurde ich in einem Podcast zu Afrika befragt, was den Reisenden denn vom Urlauber unterscheidet – besonders in armen Ländern? Ich denke, der Reisende akzeptiert in fremder Umgebung stets, nach wessen Regeln es geht. Er kommt nicht als zahlender Kunde, sondern als Fragender.

Diese Empathie darf man auch daheim hervorblitzen lassen. Als ich etwa kürzlich im Selbstversuch mein Koch-Repertoire um Tofu-Gerichte erweiterte, schlugen mir Altherren-Witze und Ignoranz entgegen. Ich verstand zum ersten Mal, wie es jemandem gehen muss, der einfach nur für sich beschließt, vegan zu leben. Manchmal frage ich mich, wovor die Lauten, die immer eine Meinung haben, eigentlich so eine Angst haben.

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