Schlückchenweise

"Ohrwaschl": Das Leben wird bald ungeheuer gesund sein. Die Frage ist, ob man es dann noch "Leben" nennen wird.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Die Dosis macht das Gift, sagten früher die Eltern. Aber was wussten die schon. Sie sagten auch, ein Indianer kennt keinen Schmerz, dabei kannten sie gar keinen Indianer. Und sie sagten, der Klügere gibt nach, dabei gaben sie selber nie nach.

Heute weiß man, das Gift macht das Gift. Eine neue Studie sagt, bereits eine Zigarette am Tag erhöhe das Risiko auf eine Herzkrankheit. Und eine andere ergab, bereits ein Bier am Tag verringere die Lebenserwartung. Wer weiß, vielleicht macht bereits ein Bissen Essen am Tag dick, vielleicht ist ein Atemzug am Tag schon krebserregend, vielleicht ist schon der Gedanke an Alkohol oder Zigaretten  ungesund?

Es wird nicht mehr lange dauern, dann werden wir alle in einem kalorienarmen, rauchlosen, alkoholfreien, entfleischten, keuschen,  vor  Korrektheitszufriedenheit sanft vor sich hin glucksenden Tugendparadies leben, wo alle lauwarmen, ungesüßten Schafgarbentee schlückchenweise trinken. Das Leben wird dann ungeheuer gesund sein. Ob man es dann noch „Leben“ nennen wird, ist noch unklar.
 

Guido Tartarottis Kabarettprogramm "Selbstbetrug für Fortgeschrittene" ist am 22. April in der Kulisse Wien und am 26. April im Theater am Alsergrund zu sehen.

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