Esoterik für alle

Salomonisch: Und wo sind die Piratinnen?
Sozialsystem statt Beachvolleyball: Der Staat sollte sich auf die wichtigen Aufgaben besinnen und nur diese finanzieren
Martina Salomon

Martina Salomon

Der Finanzminister versprach diese Woche ein ausgeglichenes Budget – etwas anderes wäre in Zeiten der Hochkonjunktur ohnehin frevelhaft, aber immerhin. Das wird Wehklagen erzeugen, denn jeder will sparen, nur nicht bei sich. Im Grunde wäre eine echte Trendwende nötig: Abschied davon, dass die Obrigkeit für alles und der Bürger für fast nichts verantwortlich ist. Aus wichtigen Bereichen entfernt sich der Staat ohnehin schleichend, während er über unwichtige weiterhin die Oberhoheit behält, weil die Politik damit Sympathiepunkte beim Wähler sammelt.

Während die Bürger also zum Beispiel für Gesundheits- und Bildungsleistungen zunehmend und verdeckt zur Kasse gebeten werden (wohl auch eine Folge von Misswirtschaft ), herrscht anderswo unnötige Gratismentalität.

Kultur-Ausverkauf

Ganz besonders extrem ist das im Unterhaltungssektor. Ja, natürlich ist es wichtig, Hochkultur und Sport staatlich zu unterstützen, weil vieles sonst nicht überlebensfähig wäre. Aber müssen Donauinselfest, Beachvolleyball oder Popfest Wien gratis sein? Warum konkurrenziert (und killt) die Stadt damit private Anbieter? Viele Bürger sind bereit, (viel) für einzelne Konzerte von Stars zu bezahlen, bekommen daneben aber noch jede Menge Unterhaltung zum Nulltarif geboten. Das geht bis hin zum Gratisbuch, wobei die Stadt Wien dann wenigstens einheimische Romanautoren subventionieren könnte.

Nein, das alles ist kein Phänomen der Politik allein. Mit dem Aufstieg des „world wide web“ wurden auch Musik und Journalismus gratis verschleudert. Die Musikindustrie brach fast zusammen und ruderte mit Mühe zurück. Die Medien sind gerade in einem ähnlichen Umwandlungsprozess. Der Bürger „bezahlt“ das, indem er von globalen Internetriesen abhängig ist, die ihn manipulieren können und kaum Wertschöpfung im Inland erzeugen.

Was soll der Staat zu

100 Prozent finanzieren, was nur subventionieren, was privatisieren, worum kann sich der Bürger selbst kümmern? Das ist natürlich auch eine ideologische Frage – aber sie muss gestellt werden, damit die Sozialsysteme für jene gesichert bleiben, die sie wirklich brauchen.

Die Politik muss sich nicht unbedingt um die Dauerbelustigung des Volkes kümmern. Und sie soll auch bitte zum Beispiel die Finger von der Errichtung von Spitälern und Flug häfen lassen. Das kann ein Ge neralunternehmer besser. Dann hätten wir uns beim „Fass ohne Boden“ Krankenhaus Nord noch viel mehr Geld als die 95.000 Euro für einen Energetiker erspart.

Auf diese Geschichte hat übrigens die Erzdiözese Wien (erstmals in ihrer Geschichte?) witzig reagiert und gemeint: „Ein einfacher Segen wäre günstiger gewesen.“ Selbst das ist wohl nicht gratis. Schließlich braucht auch die Kirche Geld (und ist daher partiell steuerbefreit).

Ohnehin wird die Kehrseite der Gratismentalität gerne übersehen: Sie ist erkauft mit überdurchschnittlich hohen Einkommenssteuern. Ja, Esoterik für alle ist möglich. Aber am Ende zahlt sich das Volk solche „Zuckerl“ immer selbst.

 

Buch-Tipp: Salomonisch serviert, Martina Salomon, Verlag edition a, 192 Seiten, ISBN: 978-3-99001-062-4, 19,95 Euro

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