Liebe Frau B., was Sie hier beschreiben, fällt unter Stalking, in §107a des Strafgesetzbuches als „beharrliches Verfolgen“ bezeichnet. Es handelt sich dabei oft um eine für das Opfer sehr belastende Situation.
Das Rechtsgut, das durch den Tatbestand des Stalkings geschützt wird, ist die Freiheit der Lebensführung. Entscheidend ist daher, ob es für die betroffene Person aufgrund einer beharrlichen Verfolgung unzumutbar ist, ihr Leben wie bisher fortzuführen. Damit die Voraussetzung der Beharrlichkeit erfüllt ist, muss die Verfolgung über einen längeren Zeitraum stattfinden. Es gibt jedoch keinen festen Richtwert; vielmehr werden Anzahl, Dauer sowie die zeitlichen Abstände dazwischen als Ganzes betrachtet und im Einzelfall bewertet.
Die Verhaltensweisen, die eine Verfolgung ausmachen, sind im Gesetz abschließend aufgezählt. Dazu gehört neben dem Aufsuchen räumlicher Nähe auch die wiederholte Kontaktaufnahme, etwa durch Anrufe oder Nachrichten, die Bestellung von Waren und Dienstleistungen auf den Namen der betroffenen Person oder die Veranlassung Dritter, Kontakt aufzunehmen, etwa durch Veröffentlichung der Telefonnummer. Auch die Veröffentlichung intimer Tatsachen oder Bilder ohne Zustimmung der betroffenen Person erfüllt den Tatbestand. Es ist daher prinzipiell kein aggressives Verhalten, ja nicht einmal körperliche Nähe notwendig. Jede dieser Handlungen kann bereits für sich unter Stalking fallen. Die letzte Voraussetzung ist, dass das Verhalten des Täters dazu geeignet ist, die freie Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen. Das liegt etwa vor, wenn Sie sich nicht mehr trauen, Anrufe entgegenzunehmen oder ungern außer Haus gehen, aus Angst, dass er ihnen auflauert. Die Strafdrohung beträgt bis zu ein Jahr Freiheitsstrafe, bei Suizid(-versuch) des Opfers oder Verfolgung von über einem Jahr erhöht sie sich auf drei Jahre.
Unabhängig von einer strafrechtlichen Verfolgung haben Sie außerdem die Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre nach § 382d Exekutionsordnung beim Bezirksgericht Ihres Wohnortes zu beantragen. Dabei können abhängig von bisherigen Handlungen und einer Zukunftsprognose Verbote für höchstens ein Jahr ausgesprochen werden, etwa Verbote der Kontaktaufnahme oder Annäherungsverbote. Bei Nichteinhaltung droht eine Strafe von bis zu 2.500 Euro. Es ist zu empfehlen, den Täter einmal nachweislich schriftlich darauf hinzuweisen, dass jegliche Kontaktaufnahme unerwünscht ist und danach nicht mehr zu reagieren, aber Beweismaterial zu sammeln. In Folge kann kostenlos Hilfe bei Gewaltschutz-Hotlines oder -Zentren bzw. der Polizei gesucht werden.
Rechtsanwältin Dr. Maria In der Maur-Koenne beantwortet juristische Fragen zu praktischen Fällen aus dem Reich des Rechts
Kommentare