Liebe Frau P., tatsächlich werden mit Abstand die meisten Ehen in Österreich einvernehmlich geschieden. Das liegt jedoch natürlich nicht daran, dass bei diesen Trennungen keine Konflikte vorliegen. Vielmehr wird meist dazu geraten, da die Ehepartner so bessere Lösungen gemeinsam erarbeiten können, anstatt letztlich tatsächlich einer richterlichen Entscheidung „ausgeliefert“ zu sein. Auch ist es oft die kostengünstigere Variante, auch wenn eine Rechtsberatung bei jeder Art der Scheidung dringend zu empfehlen ist.
Die einvernehmliche Scheidung ist in § 55a EheG geregelt. Voraussetzung ist einerseits, dass beide Partner die Scheidung wollen. Außerdem muss die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens sechs Monaten aufgehoben sein und die Partner müssen die unheilbare Zerrüttung der Ehe zugestehen. Oft herrscht Verwirrung über die Aufhebung der Lebensgemeinschaft. Das bedeutet nicht, dass Paare nicht mehr gemeinsam wohnen dürfen. Vielmehr geht es darum, getrennt zu leben und dass kein Wille mehr auf Fortbestehen der Partnerschaft vorhanden ist. In Bezug auf den Auszug ist sogar Vorsicht geboten: Aus der gemeinsamen Ehewohnung auszuziehen, kann eine schwere Eheverfehlung darstellen, was bei einer strittigen Scheidung zu Problemen für den ausgezogenen Partner führen kann.
Um sich vor Gericht einvernehmlich scheiden zu lassen, muss eine Einigkeit über die wesentlichen Scheidungsfolgen vorliegen. Das betrifft die Aufteilung des Vermögens, gegenseitige Unterhaltsansprüche und bei Vorhandensein von Kindern die Klärung der Obsorge sowie Fragen zu Kontaktrecht und Kindesunterhalt. Eine Mediation kann eine hilfreiche Stütze sein, um Kompromisse bezüglich dieser Fragen zu finden.
Eine Mediation hat nicht das Ziel, Sie als Paar wieder zusammenzuführen. Es handelt sich um eine außergerichtliche Streitbeilegungsmethode, bei der ein neutraler Mediator als dritte Partei die Streitenden dabei unterstützt, eine selbstbestimmte Lösung zu finden. Oft werden Familienmediationen mit zwei Mediatoren durchgeführt, wobei meist einer juristische und einer psychologischen Expertise mitbringt. Die Mediatoren versuchen, die hinter einem Streit gelegenen Interessen zu erarbeiten und so einen Konsens zwischen den Parteien zu erarbeiten. Dazu werden einzelne Positionen herangezogen und die Interessen gemeinsam analysiert. Viele Rechtsschutzversicherungen übernehmen auch die Kosten einer Mediation. Sollte das nicht der Fall sein, ist bei anwaltlicher Grundkompetenz mit etwa 180 bis 200 € pro Stunde zu rechnen. Letztlich können so aber oft stabilere und selbstbestimmtere Lösungen gefunden werden, weshalb sich eine Mediation zumeist lohnt, auch wenn sie die Rechtsberatung nicht ersetzt.
Rechtsanwältin Dr. Maria In der Maur-Koenne beantwortet juristische Fragen zu praktischen Fällen aus dem Reich des Rechts.
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