Liebe Frau P., ich wünsche Ihrer Freundin eine rasche Genesung. Um Ihre Frage zu beantworten, muss zuerst beleuchtet werden, ob überhaupt Schadenersatz zusteht, und in einem zweiten Schritt, von wem. Ihre Freundin hat eine Körperverletzung erlitten, ersetzt werden hier in Form des Schadenersatzes insbesondere Heilungskosten, ein allfälliger Verdienstentgang und Schmerzensgeld. Zu den Heilungskosten zählt dabei alles, was der Verbesserung des Gesundheitszustandes dient, wie etwa Krankenhausaufenthalte, Heilbehelfe und ärztliche Behandlungen. Verdienstentgang würde gebühren, sofern die Verletzung zu einer Verringerung oder einem Entfall von Einnahmen führt. Schmerzensgeld wird für gewöhnlich nach Stärke der Schmerzen in Tagessätzen abgegolten.
In Österreich muss jeder seine Schäden prinzipiell selbst tragen. Nur wenn der Schaden von jemandem anderen schuldhaft und rechtswidrig verursacht wurde, wird derjenige schadenersatzpflichtig. Die Verletzung ist hier auf das Verhalten eines Mitarbeiters zurückzuführen, da er den Boden feucht zurückgelassen hat, ohne ein Warnschild aufzustellen. Dadurch hat er gegen Schutz- und Sorgfaltspflichten verstoßen. Das Aufstellen des Warnhinweises ist vom Mitarbeiter wohl schlicht vergessen worden, sodass er leicht fahrlässig gehandelt hat. Ihre Freundin könnte also wohl vom Mitarbeiter direkt Schadenersatz verlangen.
Zum Zeitpunkt des Betretens des Geschäfts hat Ihre Freundin noch keinen Vertrag mit dem Unternehmen abgeschlossen. Es ist aber davon auszugehen, dass sie vorhatte einzukaufen, wäre ihr der Sturz nicht dazwischen gekommen. Um das Verhalten der Mitarbeiter schon in diesem Stadium der Vertragsanbahnung dem Unternehmen zurechnen zu können, gibt es die sogenannte culpa in contrahendo, das Verschulden bei der Vertragsanbahnung. Dadurch werden die Regeln der Vertragshaftung angewendet, was insbesondere dazu führt, dass der Geschäftsherr für das Verhalten seiner Gehilfen genau so haftet wie für das eigene. Genau das kommt Ihrer Freundin zugute: Sie kann also auch von der Supermarktkette Schadenersatz verlangen, da deren Mitarbeiter schuldhaft gegen vorvertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten verstoßen hat.Ein Freibrief für den Mitarbeiter ist das allerdings nicht. Der Arbeitgeber kann mittels sogenannten Regresses vom Mitarbeiter Rückersatz verlangen, wenn dieser schuldhaft gehandelt hat. Das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz mindert dies dahin, dass unselbstständige Dienstnehmer ihrem Dienstgeber für besonders leichte, entschuldbare Fahrlässigkeit gar nicht haften und auch bei sonstiger Fahrlässigkeit kann das Gericht Mäßigungen oder Erlass vorsehen.
Rechtsanwältin Dr. Maria In der Maur-Koenne beantwortet juristische Fragen zu praktischen Fällen aus dem Reich des Rechts.
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