Lieber Herr R., auch wenn ich Ihren Wunsch nach rascher räumlicher Trennung nachvollziehen kann, so könnte der Auszug aus der gemeinsamen Ehewohnung eine ungerechtfertigte Aufhebung der häuslichen Ehegemeinschaft und damit eine Eheverfehlung sein. Der Auszug könnte somit einen Scheidungsgrund darstellen und im Scheidungsverfahren bei der Beurteilung des Verschuldens am Scheitern der Ehe eine Rolle spielen. Ob einen Ehegatten das alleinige oder überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft, ist in weiterer Folge vor allem für die Frage von nachehelichen Unterhaltsansprüchen wesentlich. Ein überstürzter Auszug aus der Ehewohnung kann daher im schlechtesten Fall große finanzielle Folgen haben, da ein nachehelicher Unterhaltsanspruch grundsätzlich bis zum Tod zusteht.
Vor einem Auszug sollten Sie daher jedenfalls mit Ihrer Frau gemeinsam schriftlich festlegen, dass Ihre Frau mit Ihrem Auszug einverstanden ist und Ihr Auszug auch keinen Vorausverzicht auf die Ehewohnung darstellt.
Selbst wenn Ihre Frau mit dem Auszug einverstanden ist, sollten Sie sich ein Verlassen der Ehewohnung aber gut überlegen. Bis es tatsächlich zu einer Ehescheidung und einer Aufteilung des Vermögens kommt, kann es leider Monate, manchmal sogar Jahre dauern und in der Zwischenzeit gibt es alleine durch den Auszug einige Rechtsfragen zu klären.
Durch die getrennte Wohnungsnahme könnten Sie beispielsweise geldunterhaltspflichtig gegenüber Ihrer Frau oder auch gegenüber gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kindern werden. Auch Obsorge, Kontaktregelungen und Kindesunterhaltsfragen sollten bei gemeinsamen noch minderjährigen Kindern jedenfalls vor einem Auszug besprochen werden.
Für den Fall, dass Sie dennoch ausziehen, müssten Sie mit Ihrer Frau aber auch noch vorab klären, wer die Kosten der bisherigen Ehewohnung in Zukunft trägt. Wer zukünftig allfällige Kreditraten für eine Eigentumswohnung oder die Miete für die Mietwohnung zahlt, muss daher ebenso abgeklärt werden, wie welcher Ehegatte die laufenden Kosten für Strom/Gas oder sonstige Betriebskosten zahlt. Bei einem Eigenheim stellt sich oft auch die Frage, welcher Ehegatte zukünftig größere Reparaturen, etwa für die kaputte Waschmaschine oder gar das beschädigte Dach, zahlen soll.
Der Auszug aus der ehelichen Wohnung sollte daher immer gut überlegt und vorbereitet werden. Von einem überstürzten Auszug aus der Ehewohnung ist jedenfalls abzuraten. Vor einem allfälligen Auszug aus der ehelichen Wohnung sollten Sie unbedingt rechtliche Beratung bei einem auf Familienrecht spezialisierten Rechtsanwalt, einer Rechtsanwältin in Anspruch nehmen. Er/Sie wird dann mit Ihnen die rechtlichen Konsequenzen eines Auszugs in Ihrer Situation genau besprechen.
Rechtsanwältin Dr. Maria In der Maur-Koenne beantwortet juristische Fragen zu praktischen Fällen aus dem Reich des Rechts.
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