Liebe Frau S., im Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes kann der Vermieter einen Mietvertrag nur bei Vorliegen eines gesetzlichen Kündigungsgrundes gerichtlich aufkündigen. Das Gericht prüft daher, ob der angegebene Kündigungsgrund auch tatsächlich vorliegt.
Die Kündigungsgründe sind in § 30 MRG angeführt. Die gesetzlichen Bestimmungen sehen auch eine Kündigung wegen dringendem Eigenbedarf an einer Eigentumswohnung vor. Dabei wird unterschieden, ob der Vermieter dem Mieter Ersatz anbietet oder nicht.
Wenn keine Ersatzwohnung zur Verfügung gestellt wird, sind die gesetzlichen Voraussetzungen für das Vorliegen des Kündigungsgrundes höher. Das Gericht hat in beiden Fällen zunächst zu prüfen, ob dringender Eigenbedarf vorliegt. Dieser darf vom Vermieter nicht selbst verschuldet worden sein. Welcher Partner für das Scheitern der Beziehung verantwortlich ist, ist bei der Beurteilung prinzipiell nicht relevant. Wesentlich ist, dass der Kündigungsgrund bei Einbringung der Klage und Schluss der Verhandlung erster Instanz noch vorliegt. Die vorübergehende Ersatzbeschaffung einer Wohnmöglichkeit durch den Vermieter bis zum Ende des Kündigungsverfahrens schließt den dringenden Eigenbedarf jedoch nicht aus.
Zudem hat die erforderliche Interessensabwägung durch das Gericht zugunsten des Vermieters auszufallen. Zudem ist, je nach Inhalt des Mietvertrags, auch eine Sperrfrist von 10 Jahren zu beachten. Sofern daher der dringende Eigenbedarf nicht auch als Kündigungsgrund im Mietvertrag angeführt ist, kann ein Vermieter diesen Kündigungsgrund erst nach Ablauf von 10 Jahren ab Einverleibung des Eigentumsrechts an der Wohnung im Grundbuch geltend machen. Diese Sperrfrist entfällt, wenn der Vermieter dem Mieter entsprechend den gesetzlichen Voraussetzungen Ersatz anbietet.
Im Rahmen der Interessenabwägung, die vom Gericht nur bei Vorliegen des dringenden Eigenbedarfs durchzuführen ist, sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Darunter fallen insbesondere die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Vermieters und des Mieters.
Die Gerichte sind zuletzt vermehrt davon ausgegangen, dass die Interessensabwägung auch zugunsten des Vermieters ausfallen kann, wenn sich dieser die Anmietung einer vergleichbaren Wohnung leisten kann. Es gilt daher nun, dass der Wohnungseigentümer in erster Linie sein Eigentum zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses heranziehen darf und sich nicht um eine sonstige Wohnmöglichkeit umsehen muss.
Sofern der Vermieter dem Mieter eine Ersatzwohnung entsprechend den gesetzlichen Vorgaben anbietet, entfällt die Interessensabwägung und die 10-jährige Sperrfrist ab Eigentumserwerb. Damit diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss die Ersatzwohnung dem Mieter nach Größe, Ausstattung, Lage und Höhe des Mietzinses unter Berücksichtigung seiner familiären und wirtschaftlichen Verhältnisse zumutbar sein.
Je nach Dauer und Lauf des Kündigungsverfahrens kann dies wenige Monate und bei Erhebung von Rechtsmitteln auch deutlich längere Zeit in Anspruch nehmen. Sofern daher eine einvernehmliche Einigung mit dem Mieter erzielt werden kann, ist dies in aller Regel der schnellste Weg.
Mag. Magdalena Brandstetter ist Partnerin bei DORDA im Bereich Real Estate M&A / Liegenschafts, Miet- und Wohnrecht.
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