Rapid und die Ultras: Angst schießt keine Tore

Fussball , Rapid - Sturm Graz
Vor der Präsidentenwahl: Die militante, für Stimmung sorgende Ultra-Szene ist voller Widersprüche.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Auch wenn Rapid seit elf Jahren auf einen Titel wartet – der Rekordmeister bleibt rekordverdächtig. Denn: Noch nie zuvor bekam eine Präsidentenwahl bei einem österreichischen Sportverein im Vorfeld so viel mediale Beachtung. Ja, in Ostösterreich muss der kuriose Eindruck entstehen, als wäre die Abstimmung bei den Grün-Weißen wichtiger als der Ausgang der Landtagswahl in der Steiermark.

2.500 (der 16.585) Rapid-Mitglieder meldeten sich schon vor Tagen an. Sie wollen live dabei sein, wenn in den Etagen 1 und 2 des Allianz Stadions über die Zukunft des populärsten Klubs abgestimmt wird. Um die ehrenamtliche Nachfolge von Präsident Michael Krammer, der in seiner Abschiedsrede noch einmal rhetorisch brillierte und Fehler zugab, rittern zwei Kandidaten:

Martin Bruckner, den sowohl Krammer als auch Ehrenpräsident Rudolf Edlinger als künftige Nummer 1 in Hütteldorf sehen wollen, zumal der keine personelle Änderungen vornehmen möchte.

Und Roland Schmid, der viel Neues verspricht und damit die Alt-Internationalen Hans Krankl, Peter Pacult, Herbert Feurer, Michael Konsel, Christian Keglevits und Kurt Garger hinter sich weiß.

Mächtig

Ob Allianz-Investmentbankvorstand Bruckner oder der Immo-United-Inhaber Schmid – wer auch immer am Montagabend das Rennen macht, wird sich damit konfrontiert sehen, dass der mächtige Fan-Block West vom neuen Boss ähnlich viel Entgegenkommen und Mitspracherecht erwartet wie in der Ära Krammer.

Die militante, für Stimmung sorgende Ultra-Szene ist voller Widersprüche. Einerseits spendeten ihre Mitglieder Tausende Euro, als es galt, dem schwerkranken Sergej Mandreko zu helfen. Andrerseits lockt sie Radikale an, die Transparente wie „Wir gegen alle und alles“ bedenklich ernst nehmen.

Solche unbequemen Typen gibt es in anderen österreichischen Klubs auch. Nur sind es bei Austria, Sturm Graz, LASK, Ried usw. nicht so viele, während von deutschen Klubführungen wiederum ungleich weniger toleriert wird als hierzulande. Oder ist das eine journalistische Fehleinschätzung?

Oder hat der frühere deutsche Rapid-Sportdirektor Andreas Müller nach seinem unfreiwilligen Abgang gelogen, als er in einer Sky-Diskussion Krammer sowie dem Rapid-Geschäftsführer (und inoffiziellen Ober-Ultra) Christoph Peschek vorwarf, mit den Ultras im Bett zu liegen?

Oder handelte es sich um einen Irrtum, als am Rapid-Auto von Müllers Schweizer (inzwischen ebenfalls schon von Rapid gegangenem) Nachfolger Fredy Bickel die Reifen aufgestochen wurden?

Oder war der von Behörden erhobene Vorwurf, wonach Rapid seine Sünder decke, stets unberechtigt? Das sind Fragen, denen – selbst von Mikrofonträgern – ausgewichen wird. Vielleicht auch aus Angst.

Mutig

Wer hat schon gern amtsbekannte Kerle nur wegen des Fußballs rachsüchtig vor seiner Haustür stehen? So gesehen gleicht’s einer Mutprobe, wenn sich der langjährige ehemalige Rapid-Manager und Sohn der gleichnamigen Rapid-Legende Franz „Bimbo“ Binder zitieren lässt mit den Worten:

„Es kann doch nicht sein, dass sich weltweit das erste Mal Fußballfans und Chaoten einen eigenen Profiverein halten, ohne selbst Verantwortung zu übernehmen.“

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