Ramschladen

Wien braucht mehr Hip-Hop und weniger Zillertaler Trachtenoutlets
Barbara Beer

Barbara Beer

Ausschließlich zu Recherchezwecken reiste das Redaktionskomitee der Wiener Ansichten nun in die französische Hauptstadt. Dort bestaunten wir eine beeindruckende, von jungen Menschen gut besuchte Ausstellung zum Thema Hip-Hop in der Philharmonie am Stadtrand.

Lassen Sie diesen Satz auf sich wirken. Er beschreibt für Wiener Verhältnisse utopische Zustände. Stadtrand. Philharmonie. Junge Menschen.

In der Schau „Hip-Hop 360“ geht’s um die 40-jährige Geschichte des Genres, das, ausgehend von den USA, in den 1980er-Jahren eine eigene französische Identität entwickelt hat, weit über die eingrenzende Einordnung „Jugendkultur“ hinaus. Stars wie Mc Solaar kennt man auch bei uns. Dass Derartiges in der Philharmonie stattfindet, dem größten Konzertsaal der Stadt, ist erstens wunderbar und zweitens politischer Wille: Nicht nur die betuchten Bildungsbürger sollen wichtige Museen und Konzerthäuser auch von innen kennenlernen. Und zwar zu leistbaren Preisen.

Auch bei uns gibt es ein Museum an der Peripherie. Das Gartenbaumuseum in Kagran. Und in der Seestadt Aspern gibt’s seit Kurzem eine „Kulturgarage“, wo demnächst „Dracula“ zu sehen ist.

Aber jetzt im Ernst. Wo sind die großen, innovativen Kulturprojekte abseits der Touristen-Pfade? Auf der Donauplatte (eh nur ein Katzensprung vom Zentrum) soll einst ein Guggenheim-Museum im Gespräch gewesen sein, eine Niederlassung der Angewandten sowie der Neubau des Wien Museums.

Es wurde nichts draus. Unter anderem weil, so die damalige Begründung, „solche Museen Laufkundschaft, vor allem Touristen“ brauchen.

Na ja, wer braucht schon Kultur am Stadtrand. Noch dazu für junge Leute. Wir haben eh unsere heilige Weltkulturerbe-Innenstadt, in der wir weiter auf asiatische Touristen warten können. Mit Mozartperücken, Klimt-Devotionalien und, neuestes Highlight, einem Zillertaler-Trachen-Outlet, mitten auf der Kärntner Straße – die immer mehr zum Ramschladen wird.

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