Chaos de Luxe: Grausames Leben, selbst in Salzburg

Polly Adler weiß die ein oder andere Soap_Opera aus Wolferls Leben zu erzählen.
Polly Adler

Polly Adler

Ich war so eine, die sich mit erhobenem Schirm und „Follow me“-Kommandos mit einem Pulk Amis an der Hinterbacke durch die Getreidegasse schleuste. Durchaus auch im Dirndl, das erhöhte mit 22 das Trinkgeld. Zusätzlich kam Butter aufs Brot, indem ich meinen Touris überteuerte Festungskonzert-Karten vertickte, wo vom Leben zerzauste C-Streicher mit Seehundschnauzern an ihren Instrumenten kratzten. Man muss zu meiner Ganovinnen-Ehre anmerken, dass meine Amis es auch lustig mit mir hatten. Nach dem Besuch des Mozart-Hauses erzählte ich ihnen Soap-Operas aus Wolferls Leben. In diesen Stories spielten Geschlechtskrankheiten, Mäusenester in Perücken, Schulden und Schaffensfieber nicht unerhebliche Rollen. Jedes Mal, wenn ich mich jetzt in das Idyllen-Inferno von Salzburg werfe, muss ich an meine Reiseleiterin-Tage denken: Jährlich acht Wochen mit siebzig Amis, meistens solchen, die viel engstirnige Religiosität im Handgepäck hatten, durch Europa gekurvt. Ganz ohne Navigationsgeräte und das bei meinem Orientierungssinn. Die Buschauffeure wurden zwangsweise wieder gläubig. Viele andere Möglichkeiten, als Hilferufe an eine Himmelsmacht hatten sie nicht, wenn ich ihnen mit Hilfe von in Mannshöhe ausgebreiteten Stadtplänen die falschen Richtungen ansagte. Abgesehen von der enormen Lukrativität waren diese Jobs auch echte Bootcamps zur Schärfung der sozialen Intelligenz. Denn nicht nur einmal hatte sich eine Prediger-Gattin aus Wyoming in den glutäugigen Italo-Fahrer verliebt und saß weinend bei mir im Zimmer mit der Frage, wie sie sich entscheiden solle. Währenddessen der Enzo nichts als einen weiteren One-Night-Stand-Posten auf seiner Besorgungsliste abhakte. Das ist ja der Wahnsinn von uns Frauen: Wir denken oft, dass eine Nacht sich über Jahre ziehen müsste, während die Herren schon morgens von uns nicht mehr gefragt werden wollen, wie sie ihren Kaffee wollen. Das Leben kann so grausam sein, selbst in Salzburg.

13. Juli, 19:30, Kurhaus Bad Aussee: Polly Adler & die Band „Eidlhacker“

polly.adler@kurier.at

https://www.pollyadler.at

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