Paaradox: Wenn einer eine Reise tut ...
SIE
Errötend folg’ ich seinen Spuren – mein Rot kommt allerdings nicht davon, sondern davon: Zorn, Windstärke 5. Von Anfang an: Geschäftsreise, Gaby, ganz dringend!, tönte es durch die Wohnung. Oh. Ja. Ich weiß, was das bedeutet. Im Geiste (und nicht nur dort) lässt er dann alles liegen und stehen, um sich fortan nur auf sich, sich, sich und diesen Trip zu konzentrieren. Nach angemessener Hektik (Jössasna, das muss ich auch noch erledigen. Irrsinn!) ist er dann weg.
Koffer streicheln
Womit wir bei den Spuren sind. Da wären zwei Koffer sowie ein Bouquet an Reisetaschen, die er doch nicht genommen hat, weil… Was weiß ich, mir wurscht. Von allein in den Keller zurückgejettet sind sie nicht, sie stehen im Schlafzimmer herum – oder, wie der Mann nebenan es umdichten würde: Sie leisten dir Gesellschaft. Da lieg’ ich nun, und streichle vorm Einschlafen den Schalenkoffer, während meine Zehen mit Reisetaschenanhängern flirten. Leise hauche ich: Ihr Lieben, seid nicht traurig, dass er euch nicht mitgenommen hat. Dafür bin ja ich da, euer Vollkoffer. Berührend. Zumal auf der anderen Seite des Betts Textilien herumkugeln, die er ebenfalls nicht mitgenommen hat: Socken, Schal, T-Shirt, Pulli. Mit denen hier zu liegen, fühlt sich an, als würde ich in einer Herrenboutique campieren. Sei froh, jetzt hast du was zum Schnüffeln, wenn er nicht da ist, kichert die Freundin am Telefon. Sehr hilfreich. Zuvor muss ich mir aber leider noch überlegen, ob ich mir mit Augencreme die Zähne putzen soll. Der Mann hat leider alles an Zahnpasta mitgenommen. Im Geiste höre ich, wie er auf meinen Vorwurf reagiert: Glaubst, ich tu das absichtlich?
Natürlich nicht, Schatz. Das ist ja, was mir so Sorgen macht.
PAARADOX NEU: „Schatzi, geht’s noch?“ 14. 7., Summerstage; 30. 9. & 26. 10., Rabenhof; 3. 10. Bettfedernfabrik; 11.10. Burg Perchtoldsdorf. Alle Termine: paaradox.at
E-Mail: gabriele.kuhn@kurier.at
ER
Also, das wünsche ich echt niemandem. Ich bekam einen spontanen beruflichen Auftrag und musste quasi ruckzuck verreisen. Bei mir handelt es sich allerdings um einen Menschen, der Missionen jeder Art gerne präzise plant. Weshalb mich die Herausforderung, für sehr viele Entscheidungen plötzlich sehr wenig Zeit zu haben, ein bisserl aus der Balance warf. Und ein derart tückischer Zustand wachsender Hektik verbessert sich nicht wirklich, wenn in der heiklen emotionalen Phase eine Ehefrau durch bewusst demonstrative Gelassenheit Aufmerksamkeit erregt.
Lautes Murmeln
Heißt: Gnä Kuhn verzichtet aus Angst vor hitzkopfdialogischer Zuspitzung vorsätzlich darauf, mir Suchhilfe zu gewähren. Stattdessen lässt sie – vor dem Laptop sitzend – ohne jede körperliche Regung allerlei Bemerkungen in den Raum plumpsen. Und zwar a) laut murmelnd („Drama-King“), um zu gewährleisten, dass ich es auch sicher höre. Und b) mit einem Wortlaut („Uiuiui, wo wird sich das böse Regenjackerl wohl versteckt haben“), der mir das Gefühl gibt, ich wäre nicht der Gatte, sondern der pubertierende Sohn. Und das, obwohl ihr Anteil an meiner fahrigen Schräglage so groß ist, dass sie es niemals zugeben könnte (und daher ein ausuferndes Kapitel im ungeschriebenen Ehe-Wälzer „1.000 Diskussionen, die zu nix außer Streit führen“ wert wäre). Es ist nämlich erwiesen (das hat eine Umfrage bei mir selbst ergeben), dass ihr Hang zum Umräumen sämtliche Pack-Abenteuer dramatisch erschwert – wenn nämlich vom Notizblock über die Schuhe bis zum Rasierwasser nichts mehr da ist, wo es gestern noch war. Ja, dann ist die Chance groß, dass die Torte des Lebens in bunten Farben verziert wird: mit einem Auszuckerguss.
Solo „Abend mit einem Mannsbild“: 12. 6. Studio Akzent.
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