Paaradox: Sommerpläne

Gabriele Kuhn und Michael Hufnagl
Ein romantisch-nostalgischer Sommer wie früher soll’s heuer werden. Das gehört organisiert, sagt sie. Aber was, wenn er mehr schwärmt, als tut?
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Sie

Der Mann nebenan wünscht sich was: einen Sommer wie damals. Konkreter wurde er nicht, daher riet ich: Aha! Du würdest gerne wieder mit Schwimmflügerln ins Wasser gehen, und dann von mir abfrottiert werden. Nein! Du willst auf einem Badetuch und einer ungemütlichen Wiese herumkugeln dürfen, ohne Orthopädenbesuch danach. Anders: Du magst wieder in der Mittagssonne bei 35 Grad im Schatten Tennis spielen können, ohne reanimiert werden zu müssen. Er sah mich an als hätte ich mit ihm in Tschulymisch (sprechen weltweit nur mehr 50 Menschen) geredet: „Hä? Nein, Süße! „Ich will aus diesen wenigen Monaten das Maximum herausholen. Mit dir essen gehen, Landpartien machen, genießen – leben! Es muss romantisch werden.“

Ups, vergessen!

Romantisch. Aha. Und das nach 23 gemeinsamen Jahren. Mir wurde lauwarm ums Herz und schon fingen wir an, in seinem Sinne den Sommer zu planen. Eh nett – aber kompliziert. Romantik? Gut, aber aus. Aus mehreren Gründen: 1.) Weil er sehr vergesslich ist. Da kann es sein, dass er an einem Sonntag von diesem geilen Hotel mit Infinity-Pool mitten in den Weinbergen schwärmt und detailreich schildert, wie wir planschen und plauschen. Um mehrere Sonntage später festzustellen: „Ups, hab’ völlig vergessen, dort anzurufen und zu reservieren.“ 2.) Weil ihn mit seinem Terminkalender eine Art offene Beziehung verbindet. Heißt: Nix is fix, und kaum was möglich. Der Michi macht, was er will, der Kalender ebenso. Was jede Art von Plan erschwert. Der häufigste Satz, den ich dann höre, lautet so: „Hm, ich weiß nicht, muss schauen, ob ich da kann“. Dann „schaut“ er zwei, drei Wochen, um irgendwann zu stöhnen: „So deppert! Alles ausgebucht! “ Nix Pool, stattdessen ein Sommer wie damals im Zwei-Mann-Zelt. Aber Hauptsache, wir teilen uns ein Twinni. Ich orange, er grün.

Kabarett-Termine: 22. 5., Langenlois; 19. 6., Bettfedernfabrik; 23. 7. Mank

Er

Nix darf man. Vor allem nicht daheim in der Sonne sitzen, einen verliebten Blick werfen (auf das gefüllte Weinglas nämlich) und laut sinnieren. Ich sprach von einem „Sommer wie damals“, hatte das Meer im Kopf, einen Mojito und das romantische Flüstern der Liebsten (Schmier’ dich endlich ein!). Und was tut sie? Mir süffisant offenbaren, dass ich nach dem feuchtfröhlichen Genuss einer Sommernacht altersbedingt mittlerweile zwei Tage brauche, um wieder den Rhythmus der Alltagstauglichkeit zu erlangen. Als würde meine Frau nie darüber klagen, dass sie bei so manchen Yoga-Übungen im Unterschied zu einst aufpassen muss, dass es nicht irgendwo im Lendenbereich knackst. Aber das ist eine andere Geschichte aus dem Kapitel „Früher war alles besser“.

Planungssicherheit

Es gibt allerdings auch Konstanten. Wie jene, dass sich jeder Entwickler eines Großprojekts (beispielsweise für die Besiedelung des Mars) in puncto Vorausschau, Verlässlichkeit und Beharrlichkeit an gnä Kuhn messen lassen müsste. Ich sag’s so: Ein Wochenendausflug zu Ostern 2022 fällt bei ihr schon in die Kategorie Spontanität. Und wer Planungssicherheit lebt wie sie, sagt in der Früh gerne einmal: Ich habe mir im Halbschlaf überlegt, dass wir zu deinem 60er nach New York fliegen könnten … oder hast du da schon etwas anderes vor? Nun, ich gestehe, dass mein Kalender für den Dezember 2030 noch nicht randvoll gefüllt ist und antworte: „Gute Idee, Schatz, lass’ uns das in ein paar Jahren in Ruhe noch einmal besprechen.“ Wer glaubt, dass die Liebste lächelnd wieder in den Polster sinkt, irrt. Wenn es um Fixierungen aller Art geht, ist sie putzmunter, weil: Man muss sich um alles rechtzeitig kümmern. Was, zugegeben, nicht meine größte Stärke ist. Was ich hingegen gut kann: Für denselben Tag beim Lieblingsitaliener einen Tisch reservieren. Und ihr sagen, dass ich diesen Überraschungscoup monatelang geplant habe. Wissend: So schmeckt ihr der Branzino am besten.
 

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