Paaradox: Postillon d’amour
SIE
Dialogfähigkeit ist wichtig, wenn zwei für eine längere Zeit Bett- und Küchentopf-Sharing leben wollen. Dazu braucht’s oft Dritte. Gerne bedient sich der Mann nebenan diverser Gegenstände, um sie als indirektes Kommunikationsmittel einzubauen. Etwa den Wischmopp, zu dem er sagt: Na, dich müsst ich auch weniger in die Hand nehmen, hätte Madame nicht 84.322 Töpfe mit Grünzeug draußen stehen, die alle unfassbar viel Dreck produzieren.
Mediatorin
Die Hauptfigur dieser perfiden Strategie war bisher unser Hund Mimi. Ein reizender Postillon d’amour, zu dem Herr Hufi etwa sagte: Stimmt’s, unser Frauerl ist heute extrem schlecht gelaunt? Und: Such’s Frauli, das Herrli findet die Butter nicht. Oder: Komm kuscheln, das Frauerl war wieder so gemein zu mir. Das alles für mich gut hörbar. Und tatsächlich: Mimi hörte zu, wedelte und fühlte sich als Mediatorin zwischen ihren zwei Alphatieren auch meist bemüßigt, sofort zu mir, dem bösen Frauerl, zu kommen. In ihren wunderschönen Augen lag dann stets Milde, die vermittelte: Bitte, tu deinem Alten doch den Gefallen. Und: Vertragt’s euch, das Leben ist zu kurz, um zu streiten. Dann tat sie immer etwas, das uns beide zum Lachen gebracht hat und alles war besser. Jetzt wird der Text sentimental, was ungewöhnlich ist. Ja, wir wollen unterhalten, gleichzeitig ist es uns wichtig, authentisch zu bleiben. Es wäre seltsam, es nicht zu schreiben: Mimi, unser Postillon d’amour, diese feinfühlige, witzige und großartige Hündinnen-Persönlichkeit hat uns für immer verlassen. Das macht uns sehr traurig. Einzig die Vorstellung, dass Mimi im Hundehimmel zwei Pitbulls in bewährter Vermittler-Manier auf Kuschelkurs bringt, lässt uns lächeln. Ein bisserl halt. Der Rest ist wohl eine Frage der Zeit.
ER
Es ist oft nur eine kleine Bemerkung, an der sich der große Ehestreit entzündet. Wie der Satz: „Meine Güte, ein Mal möchte ich erleben, dass ich spät am Abend todmüde nach Hause komme und nicht auch noch mit dem Hund raus muss.“ So schnell kann man gar nicht schauen, landet man in einer Grundsatzdebatte über Arbeitsteilung und Alltagsgerechtigkeit. Dann kann’s mitunter schon einige Tage dauern, ehe sich die Gewitterwolken auflösen. Und auch der Hund selbst bleibt gelegentlich von emotionaler Labilität nicht verschont. Wenn ich etwa einen Raum betrete, der mit Papiermist übersät ist, weil das gute Tier am Grund des Korbs ein Sackerl mit Spurenelementen von Schinken erschnüffelt hat, dann kann der Erziehungsvortrag durchaus laut werden. Nur, im Unterschied zu gnä Kuhn äußert gnä Mimi nicht tausend Argumente, warum diese Basisrecherche für ihre Spürnase unverzichtbar war. Statt dessen setzt sie auf die Strategie des schuldbewussten Blicks und ermöglicht eine rasche Laune-Transformation.
Versöhnung
Das Grandiose ist: Nur wenig später steht genau jene Mimi, die vor wenigen Augenblicken noch mit empörtem „Nein! Nein! Nein!“ konfrontiert war, vor mir, schenkt mir ihren sanftmütigen Blick, legt den Kopf auf meinen Oberschenkel und wedelt. Es ist ein rasches, bedingungsloses Versöhnen im Namen der Liebe. Und so oft dachte ich mir: Hach, wenn ich das doch könnte. Das Leben ist viel zu wertvoll für Zorn. Lernen von Mimi ... auch das fiel mir in der schweren Zeit des Abschiednehmens ein. Und ja, ich wollte, ich müsste spät am Abend noch einmal mit ihr raus. Adieu, kleiner Frechdachs.
Solo „Abend mit einem Mannsbild“: 29. 5. Baden, 8. 6. Guntramsdorf, 14. 6. Wien (Studio Akzent)
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