Paaradox: Flauschiges
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Ich bin jetzt Besitzerin einer Weihnachtsbettwäsche – Flauschiges aus Flanell, weißer Untergrund, rote Rentiere drauf. Denn ja, so ist das im Lockdown-Laissez-faire: Man klickt sich im sanften Schein der Kreditkarte zum kleinen Glück, und zumindest ich habe große Freude daran, meine Schlafstatt in ein Rentiergehege zu verwandeln. Draußen im Garten leise schimmernde Lichterketten, innen eine Duftlampe, die Orangenaroma verströmt, besser geht’s nicht. Etwas, das „Selbstfürsorge“ genannt wird: Man macht sich’s schön. Wunderbar, das ist jetzt wichtig.
Essenswünsche
Wohl deshalb sprach der gute Mann ein Machtwort: „Umso mehr sollten wir es uns jetzt gut gehen lassen.“ Ich fragte verschreckt nach, was er damit konkret meine – weibliche Hausbesuche, die ihn und sein kleines Reich beleben, aber bitte mit PCR-Test? Da tippte er sich auf die Stirn, murmelte ein Geh, sei doch nicht kindisch und skizzierte seinen Plan. Trotzdem wir nicht mehr gemeinsam wohnen, würde er sich exzessiv über gnä Kuhn’sche Essenseinladungen freuen, ebenso wie über gemeinsame Spaziergänge mit Hund Gustav. Dem fügte er noch eine Zusammenfassung dringender Essenswünsche hinzu, ungefähr so: „Das Suprige mit dem Zitronendings, das wie Gulasch ausschaut, aber nicht so schmeckt. Weißt eh.“ Ich erwiderte: „Ich weiß. Du meinst wohl Zitronengras und mein Thai-Gulasch.“ Das Leuchten in seinen Augen interpretierte ich als Folge seiner eher bescheidenen kulinarischen Selbstfürsorge-Anstrengungen, die tatsächlich noch ausbaufähig wären. Nur so: Der Gute hat vier Tage hintereinander Nudeln mit Sugo gegessen. Naja. Und so tastete ich mich dann auch gleich für- und vorsorglich an das Flausch- & Flanell Bettwäschethema heran, weil er es mindestens ebenso kuschelig haben soll wie ich. Ein Set Rentiere fürs Bett hätte ich noch übrig, reserviert für den Weihnachtsmann gegenüber. Was er dazu meinte, erzähle ich Ihnen gerne nächste Woche.
Er:
Rentier-Bettwäsche also. Dazu fiel mir nur ein: Rudi, Rudi gib acht, dein Schatten schleicht durch die Nacht. Was hast du Verbot’nes gemacht? Meine Frau hat mir jedenfalls augenblicklich ein Foto der weihnachtlichen Schlafzimmer-Atmosphäre geschickt, und ich war geneigt, in Anbetracht der Schlittenvieh-Überzüge zu schmunzeln. Mehr noch, als sie im Zuge ihres jüngsten Besuchs in meiner Kemenate mit Blick auf meine Bettwäsche-Kombination erst rief: Geh Michiiiii! Um in vertrautester Mitgefühlstonlage zu ergänzen: Das passt ja gar nicht zusammen. Nun, ob Orange und Blau farblich harmonieren, mag Geschmackssache sein. Aber ich gestehe, dass ich mit einem Hauch selbstbestimmter Überzeugung antwortete: „Kann sein. Aber … es ist mir wurscht. Betrachte es als Rebellion gegen das Konformistische.“ Weil: Solange ich bestens schlafe, könnte ich auch in Gelbgrüngepunktetes gehüllt sein, ich habe sowieso die Augen zu.
Aufpeppen
In der Frage der Ernährung wiederum, so ehrlich bin ich, sind meine Mittel des individuellen Expressionismus, limitiert. Obwohl mir die Liebste heimlich das Werk „Kochbuch für den großen alten Mann“ in den Umzugskarton schummelte. Leider empfinde ich die Lektüre von Rezeptanleitungen ungefähr so sinnlich wie eine Kuscheleinheit mit einer Rentier-Horde. Weshalb ich auf mein Repertoire zurückgreifen muss, das eher bescheiden ist. Daher habe ich auch – im wahrsten Sinn des Wortes – den Braten gerochen, als gnä Kuhn in Anbetracht des Lockdowns meinte, dass wir dem öfter mit gemeinsamen Rotwein-Abenden trotzen sollten. Und wenn schon das Achterl am Tisch steht, dachte ich mir, kommt’s doch auf ein liebevolles kulinarisches Aufpeppen auch nimmer an. Nie schien die Charakterisierung „Ich bin ein dankbarer Esser“ passender. Und so spazierte ich später mit vollem Bauch und vollen Sackerln (Ich geb’ dir noch eine Portion zum Aufwärmen mit) zurück. Und schlief in meiner orangeblauen Welt selig lächelnd ein.
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