Wo man Ersatzteile für einen Golf in der Tabaktrafik kaufen kann

Wo man Ersatzteile für einen Golf in der Tabaktrafik kaufen kann
Es ist ein falsches Bild, das hierzulande gezeichnet wird: Am Balkan steht ein Auto über allen anderen - der Golf.
Mirad Odobašić

Mirad Odobašić

"Du fährst keinen BMW? Was bist denn du für ein Jugo?!" Diesen Schmäh muss ein Mann mit Balkan-Wurzeln gelegentlich über sich ergehen lassen. Klar, die vielen geschwindigkeitssüchtigen Männer, die ihre PS auf der Ottakringer bzw. Laxenburger Straße oder am Gürtel zur Schau stellen, lassen keine Zweifel daran entstehen, was die Lieblingsautomarke der "Balkanesen" ist. 

Es ist allerdings ein falsches Bild, das hierzulande gezeichnet wird: Am Balkan steht ein Auto über allen anderen - der Golf.

Was man hier nicht unbedingt wissen muss: Der VW-Klassiker wurde zwei Jahrzehnte lang in Sarajevo produziert. Nicht nur deshalb erlangte er große Beliebtheit in der Region. Der Golf gilt als robust, zuverlässig - und vor allem zugänglich. In Ex-Jugoslawien gibt es die Urban Legend, man könne Ersatzteile für diesen Kompaktwagen in gut ausgestatteten Tabaktrafiken kaufen. 

Auch wenn der Wahrheitsgehalt gering sein sollte, sagt diese Legende viel über den Status des Golfs aus. Auf ihn ist stets Verlass – und wenn er doch mal stehen bleibt, ist jemand, der ihn zum Laufen bringen kann, immer in der Nähe. Ein Trafikant etwa.

Nur der Krieg konnte die Produktionsbänder in Sarajevo zum Stillstand bringen. 1992 war die Autofabrik eines der ersten Ziele der Aggressoren, die die Stadt von den olympischen Bergen ins Visier nahmen. Zu sehen waren in Weltnachrichten Wracks von zerbombten Golfs auf den Straßen der belagerten Stadt. 

Der Liebe zum Golf tat aber auch der Krieg keinen Abbruch. Nach seinem Ende wurden zahlreiche, im Westen nicht mehr gebrauchte „3er“ und „4er“ importiert. Die Golfs prägten wieder das Stadtbild, ebenso wie die Granatenkrater. Heuer feiert der Golf übrigens seinen 50er. Alles Gute, alter Freund!

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