Leckoasch

"ÜberLeben": Die besten vier Wochen meines Lebens, vor 30 Jahren in Griechenland.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Kürzlich haben wir uns wieder getroffen, zu viert. Es ist, glaube ich, zehn Jahre her, dass wir zum letzten Mal in dieser Besetzung zusammen gesessen sind. Der W., sein Bruder M, deren Cousin B. und ich. Der W. ist Geschäftsführer einer großen Lebensmittel-Firma, der M. ist Buchhändler, der B. moderiert im Fernsehen, und ich schreibe Kolumnen. Vor 30 Jahren waren wir vier Spätpubertierende, die sich mit Tramper-Rucksäcken, einer Palette Bierdosen, einem Kassettenrekorder (den wir, ich weiß nicht mehr, warum, „Leckoasch“ nannten) und vielen Heavy-Metal-Kassetten in einen Zug Richtung Athen schlichteten.

Können Sie uns sehen? Wir trugen neonbunte T-Shirts (1990 waren die Achtziger-Jahre noch nicht überstanden), weiße Seemannskappen (wir fanden das irgendwie cool), und der W. hatte sogar noch Haare auf dem Kopf. Wir legten sofort eine Metal-Kassette auf, worauf wir das Abteil für uns alleine hatten, und widmeten uns der Reduzierung der Biervorräte. An der Grenze zu Jugoslawien hatten wir kein Bier mehr, waren aber bester Stimmung. Die Zugfahrt nach Athen  dauerte drei Tage, ich kann mich nicht mehr an viel erinnern, aber ich glaube, der B. pinkelte aus dem Fenster.

Wir waren dann einen Monat lang in Griechenland unterwegs. Wir schliefen in Gepäcksnetzen von Zügen, auf Schiffsdecks, auf den Dächern von Hotels, aber meistens am Strand. Wir hatten kein Geld, wir ernährten uns von Bier, trockenem Brot mit Salz, geschnorrtem Moussaka (manche Wirte hatten Mitleid mit uns), vor allem aber von Sonne, Musik und Freundschaft. Möglicherweise waren das die besten vier Wochen meines Lebens.

Jetzt saßen wir beim B. in dessen Wohnung und schauten  uns die alten Fotos an. Ich sehe vier dürre, dunkelbraun gebrannte, sehr naive, sehr glückliche Buben, und ich würde ihnen gerne sagen: Genießt jede Sekunde, die nächsten 30 Jahre vergehen in ein paar Monaten.

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